Rezension

Netter weihnachtlicher Kurzroman

Die Kinder des Nordlichts - Linda Winterberg

Die Kinder des Nordlichts
von Linda Winterberg

Bewertet mit 3 Sternen

Da mich "Aufbruch in ein neues Leben" von Linda Winterberg sowohl im Hinblick auf Schreibstil als auch Handlungsaufbau restlos begeistert hatte, freute ich mich riesig, als ich dieses neue Werk von der Autorin entdeckte. Bei "Die Kinder des Nordlichts" handelt sich um einen Mini-Folgeroman zu "Das Haus der verlorenen Kinder," welches ich noch nicht gelesen hatte. 

Nach dem Tod ihrer geliebten Großmutter Betty verlässt Marie Norwegen und kehrt nach Deutschland zurück. Sie hat schwer an diesem Verlust zu knabbern, insbesondere, weil sie Betty erst kurz vor deren Tod kennengelernt hatte und den beiden Frauen nur wenig gemeinsame Zeit vergönnt gewesen war. Auch Maries Freundin Elin hat ihre Oma verloren; sie trifft der Verlust noch härter, denn zeitgleich verliert sie damit auch ihren Arbeitsplatz – sie hatten gemeinsam ein Café betrieben. Marie überzeugt Elin davon, ihren deutschen Großvater ausfindig zu machen und verspricht, ihr bei der Suche nach ihm zu helfen. Tatsächlich gelingt es Maries Freundin Gertrud, Elins Opa Wilhelm aufzuspüren – doch eine erste Begegnung verläuft für die junge Frau dermaßen enttäuschend, dass sie Deutschland am liebsten gleich wieder verlassen würde: Wilhelm leugnet, Elins Oma je gekannt zu haben. Zum Glück stehen Marie und Gertrud Elin bei und überzeugen sie davon, nicht gleich alle Hoffnung aufzugeben. Stattdessen wagen sie einen Neuanfang: die Eröffnung eines norwegischen Cafés, im Zentrum Wiesbadens. Keine leichte Aufgabe, mitten im Vorweihnachtstrubel…

Ich habe mir während der Lektüre immer wieder in Erinnerung rufen müssen, dass es sich um einen Kurzroman handelt, um nicht unbegründet enttäuscht zu sein. Am besten lässt es sich wohl so ausdrücken: die Autorin schreibt viel zu sensationell, um auf solch ein kleines Format beschränkt zu werden – auf mehreren hundert Seiten, da können sich ihre Figuren unverwechselbar entfalten. Bei dieser Kurzausgabe bleibt ihr allerdings gerade mal Gelegenheit, die Charaktere halbwegs vorzustellen. Ich weiß, dass die Autorin wundervolle zwischenmenschliche Beziehungen aufs Papier zaubern und Figuren erschaffen kann, die einem noch lange im Gedächtnis bleiben. Leider war dies hier nicht möglich, was ich unglaublich schade finde. Wenn schon so wenig Seiten (- von denen ein gewisser Anteil dazu noch für Rückblicke / Erinnerungen verwendet werden muss, damit auch Leser ohne Vorkenntnisse der Handlung folgen können -), dann hätte auch hinsichtlich des Inhalts bzw. der verschiedenen Themen eine Kürzung vorgenommen werden müssen: z.B. ein Roman über zwei Freundinnen, die ein norwegisches Café eröffnen, fertig – ohne Familienhintergrund. Oder zwei Freundinnen, die gemeinsam nach einem verschollenen Verwandten suchen – ohne Café. So aber war es zu viel des Guten und wirkte an vielen Stellen etwas unglaubwürdig, gerade im Hinblick auf die chaotische Geschäftseröffnung. Sagen wir einfach, in einem Weihnachtsroman darf man die Realität gerne etwas verbiegen, um zum erhofften Happy End zu kommen; das ist schon okay. Mein Romanliebling war ganz klar die herzensgute Gertrud und ich hoffe, dass die Autorin uns in der Zukunft noch mit einem Roman über Elins Leben in Deutschland beglücken wird.

Ein ganz großes Plus dieser Kurzgeschichte sind die detaillierten Beschreibungen des Cafés, von der Einrichtung bis hin zu den servierten Köstlichkeiten – gäbe es das "Café Farsund" tatsächlich, könnten sich die Betreiber gewiss nicht retten vor Kundschaft. Die vielen leckeren norwegischen Rezepte im Anhang (Pfefferkuchen, Kuchen, Glühwein) lassen einem auf jeden Fall das Wasser im Mund zusammenlaufen. Auch die in die Handlung eingeflochtene Weihnachtsstimmung hat zum Lesegenuss beigetragen. 

Fazit: Eine nette kleine Vorweihnachtsstory, die wohl größtenteils als Ergänzung zum Hauptroman zu sehen ist, von dem ich mittlerweile schon viel Positives gehört habe und der nach wie vor auf meiner Wunschliste steht.