Rezension

Nicht alles im Leben ist wie es scheint

Opfer - Pierre Lemaitre

Opfer
von Pierre Lemaitre

Der Thriller "Opfer" von Pierre Lemaitre hat mich von der ersten bis zur dreihundertneunundzwanzigsten Seite gefesselt. 
Sowohl inhaltlich, aber in besonderem Maße wegen des außergewöhnlichen Schreibstils des Autors. 
Erzählt wird die Geschichte von Kommissar Verhoeven, der auf einem Überwachungsvideo mit ansehen muss, wie seine Lebensgefährtin Anne bei einem Raubüberfall brutal misshandelt wird. Wie durch ein Wunder entkommt sie, mehr tot als lebendig, ihrem Angreifer. 
Im Laufe von 3 Tagen vollzieht sich seine Ermittlungsarbeit, bei der er immer tiefer auf persönliche Weise mit dem Fall verstrickt wird und schnell klar wird, dass viele Dinge anders liegen, als zunächst vermutet. 
Es wird für Verhoeven nicht nur darum gehen, die Haut seiner Geliebten zu retten. 
Er muss sich erneut mit dem gewaltsamen Tod seiner Ehefrau Irene auseinandersetzen und damit, dass in seiner aktuellen Beziehung zu Anne scheinbar nichts so ist, wie es scheint. 
Die Story ist spannend und logisch, der Plot sehr sorgfältig ausgearbeitet, die Figuren sehr interessant.

Der Autor eröffnet dem Leser durch den Wechsel der Erzählperspektiven, der mir in dieser abwechslungsreichen Form noch nicht begegnet ist, einen besonderen Blick auf die Geschehnisse. Einerseits von oben (auktorial), mit Distanz zum Geschehen - teilweise wie mit dem Blick durch eine Kamera, andererseits wiederum sehr persönlich aus der Ich-Perspektive, was das Lesen meiner Meinung nach sehr anspruchsvoll macht.

Ich habe mich gut unterhalten gefühlt und werde mit Sicherheit noch weitere Bücher des Autors lesen. Schön, dass dieses Werk nun in deutscher Sprache veröffentlicht wird.