Rezension

Nicht dystopisch neu, aber herzzerreißend und wundervoll brutal

Artikel 5 - Kristen Simmons

Artikel 5
von Kristen Simmons

Bewertet mit 5 Sternen

Zitate:
“Ich dachte an so viele Dinge gleichzeitig. Trotz allem wollte ich zu ihm laufen, wollte, dass er mich in den Armen hielt, wie in der Nacht, bevor er gegangen war. Doch gleich darauf kehrte der Schmerz, den mir seine Anwesenheit bereitet hatte, zurück, und die Realität brannte in meinem Inneren. Er hatte das mir vorgezogen.“ S.20

“Als sie (...) verschwand, spürte ich, wie etwas in mir zerriss, etwas freigesetzt wurde, dass sich anfühlte, wie Säure in meiner Brust. Es versengte mein Inneres, zwang mich schneller zu atmen, brachte meine Kehle zum Brennen und meine Lunge zum Krampfen.“ S.25

Meine Meinung:
Mit ihrem tollen Schreibstil und der bewegenden Erzählung, schafft es Kristen Simmons ihre Geschichte vor den Augen des Lesers zum Leben zu erwecken und real werden zu lassen.
Ihre Zukunftsvision von einem Regiem, dessen Regeln- hier die so genannten Moralstatuten- befolgt werden müssen, scheint gar nicht mal so abwegig und deshalb nahezu erschreckend greifbar.

Auch wenn wir nichts Näheres dazu erfahren, wie es dem Regiem gelang, an die Macht zu kommen oder wer dieses gesamte System leitet, zieht sich dennoch die Furcht vor ihm und seinen Strafen durch den ganzen Roman.
Man erlebt die Geschehnisse dank der enormen Brutalität die dieser zu bieten hat, viel intensiver; geradezu als wäre man selbst in Embers Position.

Schon das erste Kapitel startet rasant und lässt einen nach Luft schnappen. Man wird direkt in die neue Welt geworfen und erfährt die gnadenlose Härte der Moralmiliz-Soldaten.
Da aber auch diese nur Menschen sind und einfach noch so viel 'unfinished buisness' zwischen Ember und Chase herrscht, wird auch bereits auf den ersten Seiten die komplizierte, aber deshalb so echte und außergewöhnliche Beziehung der beiden aufgezeigt.
Eben weil diese so ungewöhnlich ist, hat sie mich nahezu durchs ganze Buch unglaublich berühren können. Durch die Rückblicke und Erinnerungen an damals, bekommt man auch als Leser einen guten Einblick in ihre vorherige Situation.

Auch wenn ich die Leute verstehen kann, denen Ember zu “weinerlich“ oder zu sehr an ihre Mutter gebunden war, konnte ich persönlich einfach mit ihr mitfühlen und mitleiden. Vor allem was ihre verflossene Liebe anbelangte. Ich konnte ihren Schmerz fühlen; die Beziehung zu Chase zerriss mir schier das Herz und ich hätte stellenweise gerne eingegriffen, sie in die Arme genommen oder beide angeschrien, dass sie die ungeklärten Dinge zwischen ihnen doch bitte verdammt nochmal aus dem Weg schaffen sollten.
Aber das war nun mal nicht möglich und so hatte ich- wie auch sie- viel Herzschmerz, dadurch aber auch eine engere Bindung zu ihnen als Charakteren und dem Geschehen und war gezwungen, bis zum Ende für sie zu hoffen.  

Ebenso wie wohl auch in den weiteren Teilen, denn die Reise durch das neue Amerika ist ja (glücklicherweise!) noch nicht vorbei. Ich freue mich schon darauf, diese weiter mit ihnen zu gehen, denn Artikel 5 hat mich hungrig nach, und sehnsüchtig wartend auf mehr, zurückgelassen. 

Fazit:
Insgesamt bleibt zu sagen, dass “Artikel 5“ trotz dessen, dass ausführliche Erklärungen zur Entwicklung Amerikas und des Machtregiems fehlen, durchaus überzeugen kann. 
Wer sich nicht auf ein Werk mit vollkommen neuen dystopischen Ideen einstellt und sich vor allem für herzzerreißende, komplizierte Liebesgeschichten und brutale, gewalthaltige Handlungen begeistern kann, wird hier auf seine Kosten kommen und “Artikel 5“ in sein Herz schließen. Ich habe es auf jeden Fall.
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