Rezension

Nicht ganz was ich erwartet hatte

Die Frauen vom Savignyplatz - Joan Weng

Die Frauen vom Savignyplatz
von Joan Weng

Bewertet mit 3.5 Sternen

Ich gebe zu, ich hatte mir insgesamt etwas anderes vorgestellt. Denn vom Klappentext her, könnte man meinen das es von Anfang an vor allem um Vickis Arbeit rund um den Buchladen gehen würde. Stattdessen dreht sich eigentlich insgesamt um Vickies Leben und ihre Versuche sich als Frau zu emanzipieren. Gleichzeitig merkt sie dabei aber immer wieder, das dies gar nicht so einfach ist. Denn als Frau in den 20er-Jahren ist sie immer darauf angewiesen, das Männer ihr Erlauben etwas zu tun. Ob sie nun die Unterschrift des Ehemannes braucht oder wenn sie geschieden wäre, die des Vaters, oder in der psychiatrischen Klinik ihre Unterschrift nichts gilt, obwohl es sich um ihren eigenen Bruder handelt. Es geht also etwa die Hälfte des Romans vor allem Vickies Traum überhaupt einen solchen Buchladen zu haben und auch trotz ihrer Familie selbständig und unabhängig zu werden. 

Was mir dabei wirklich gut gefällt, ist das Joan Weng einen eher locker, flockigen Ton anstimmt und es ihr trotzdem gelingt, Tiefe in die Handlung einzubauen, ohne ihren unterhaltenden Tonfall zu verlieren. So streut sie immer wieder Dinge ein, die dafür Sorgen das Frauen in der Weimarer Republik nach wie vor kaum Rechte haben. Und auch wie schwer es ist, einerseits emanzipiert sein zu wollen, andererseits aber eingeschränkt im eigenen Lebensentwurf zu sein. 

Das Frauen überhaupt berufstätig sind - noch dazu wenn sie verheiratet sind - das ist eigentlich auch im Berlin der 20er Jahre schon Realität. Trotzdem erwartet die Gesellschaft nach wie vor das alte Ideal aus dem Kaiserreich. Dann ist da noch die Frage wie Vickie mit ihrer zerrütteten Ehe umgeht. Gerade hier zeigt sich exemplarisch, das sie tatsächlich kaum eine Wahl hat. Da sie kein eigenes Vermögen besitzt, ist sie darauf angewiesen, das ihr Ehemann sie unterstützt, selbst wenn beide wissen, das ihre Ehe nur noch auf dem Papier besteht. Im Roman wird das sehr fortschrittlich gelöst - aber ich kann mir natürlich auch so denken, das es oftmals ganz anders war. Es hat schon Gründe weshalb die Scheidungsrate damals niedriger war. Oftmals eben nicht, weil ein Paar wirklich noch zusammen bleiben wollte... 

Die weitere Entwicklung hätte ich mir aber tatsächlich ein klein wenig mutiger gewünscht und ich gebe zu, es hat mich auch etwas gestört, das eben einfach doch am Ende kaum Frauenfiguren eine tragende Rolle haben. Dabei hat Vicki interessante Freundinnen und auch die Kundschaft ihres Buchladens hätte ruhig mehr Raum einnehmen können. Genau deshalb hatte mich der Roman ja interessiert. Ich hätte auch keine Liebesgeschichte mehr gebraucht aber gut, insgesamt ist der Roman eher eines dieser Sirupbücher geworden, die Vicki in ihrem Laden verkauft - ein Buch das gute Laune verbreitet und unterhält. Das ist jetzt auch nicht das Schlechteste - aber eben nicht ganz das, was ich erwartet hatte zu lesen. 

Insgesamt habe ich mich aber gut unterhalten gefühlt und die Seiten flogen nur so dahin. Objektiv betrachtet kann ich aber insgesamt nur eine durchschnittliche Bewertung geben. Gerade wegen dem, was mich gestört hat. 

Meine Recherche hat ergeben, das die Autorin rund um andre Figuren des Romans weitere Bücher geschrieben hat, so gibt es mit Paul Genzer, Vickies Schwager und  Kommissar bereits zwei Krimis die ich mir auf jeden Fall mal genauer ansehen werde. Ich kann mir jedenfalls trotz meiner Kritikpunkte gut vorstellen mehr von Joan Weng zu lesen. 

Vielen Dank an Aufbau Taschenbuch für das Leseexemplar!