Rezension

Nicht (mehr) allein

Sorry not sorry -

Sorry not sorry
von Anika Landsteiner

Bewertet mit 5 Sternen

Ich versuche die richtigen Worte zu finden, meine Empfindungen während des Lesens von Anika Landsteiners Essayband zum Thema weibliche Scham wiederzugeben, die Punkte zu finden, bei denen sie mich besonders getroffen hat, bei denen ich das Buch zuklappen musste weil ich zum ersten mal merkte, es gibt noch jemanden, der - oder besser die - sich in solchen Situationen schämt. Es gibt höchst wahrscheinlich nicht nur eine sondern die Hälfte der Gesellschaft, der diese Scham antrainiert wurde. Ich bin nicht allein und war es nie mit diesen Gefühlen, aber ich dachte es, denn die Scham selbst ist schambehaftet. Es wird nicht darüber gesprochen. Oft gesteht man sich das Gefühl sogar selbst nicht ein.

Anika Landsteiner bricht dieses Tabu. Sie offenbart so viel über ihre eigene Scham, findet auf einer unglaublich persönlichen Ebene Zugang zu dem Thema ohne den gesellschaftlichen Diskurs dahinter zu vernachlässigen. Sie hinterfragt Strukturen, die gerade Frauen diese Scham aufzwingen - die Scham nackt zu sein, die Scham zu altern aber auch die unauffällig unters Sofa geschobene, leere Kekspackung.

So oft habe ich mich in Anika Landsteiners Essays wiedergefunden, in ihren Gefühls- und Gedankenkarussellen, von denen sie es schafft sich zu distanzieren. Ich, knapp 10 Jahre jünger, habe noch einen weiten Weg dorthin, aber er ist durch dieses unglaublich wichtige Buch merklich kürzer geworden.