Rezension

Onkel Grischa

Die Listensammlerin - Lena Gorelik

Die Listensammlerin
von Lena Gorelik

Bewertet mit 3 Sternen

Listen geben ihr Halt, die Familie findet das eigenartig, aber irgendwie sind doch alle daran gewöhnt. Sofia schreibt schon immer Listen, besonders jetzt, da ihre liebe Großmutter alt geworden und an Alzheimer leidet und Sofias kleine Tochter Anna schon zum dritten Mal am Herzen operiert werden muss. Kann Sofia dem allen gerecht werden und kommt nicht ihr Mann zu kurz oder der Rest der Familie. Vor Wochen musste sich Sofia damit beginnen, die Wohnung ihrer Großmutter aufzulösen. Dabei findet sie eine alte Schatulle gefüllt mit Listen. Listen? Sie ist nicht die Einzige.

 

Zwei Geschichten werden parallel erzählt, zwei Listenschreiber, Sofia und Grischa, der Onkel, über den niemand spricht. Sofia zwischen den beiden Polen Großmutter und Tochter. Die Großmutter, um die sie sich kümmern möchte, die aber so fremd geworden ist und ihre Enkelin nicht mehr erkennt, dass es schwer fällt, sich dem auszusetzen. Die Tochter Anna, mit einem schweren Herzfehler geboren und nun vor der dritten Operation stehend. Die Todesgefahr, in der Anna schwebt, verlässt nie das Bewusstsein Sofias. Jeder Schnaufer löst beinahe Alarm aus. Wird die nächste Operation gelingen und eine gewisse Normalität bringen. Für Sofia ist es eine Erleichterung, die Listen zu finden, etwas, was nicht nur ihr Kraft gibt. Doch wer ist Onkel Grischa? Warum redet niemand von ihm? Grischa, der schon als Kind anders war und allen kaum etwas anderes als Sorgen bereitet hat und der deshalb vergessen wurde.

 

Eine Konstellation, die zu berühren verspricht, die allerdings nicht jeden Leser erreicht. Mitfühlen wollte man, doch liest man die Geschichte eher unbeteiligt wie man einen Bericht lesen würde. Wo bleibt die Verbindung zu den Charakteren, die irgendwie nicht für sich einnehmen. Da ist beim Lesen fast das gleiche schlechte Gewissen, das Sofia empfindet, weil sie sich ihrer Großmutter nicht zuwenden kann, diese nicht mehr erreichen kann und sie am Liebsten nicht mehr besuchen würde. Und so bleibt das schlechte Gewissen, das Buch in Teilen nur überflogen zu haben, weil sich nicht so viel Verständnis und Mitempfinden einstellen wollte, wie anhand der Beschreibung und der Kenntnis des eigenen Interesses zu erwarten gewesen wäre.

 

Eine Familiengeschichte, die anrühren soll, aber leider nicht jeden Leser erreicht, aber sicher zu Überlegungen anregt, über das eigene ich und warum Empfindungen so sind. Empfindungen zu einer erfundenen Romanhandlung sind in jedem Fall immer subjektiv und somit letztlich kein Urteil über die Qualität des Geschriebenen, die durchaus herausragend sein kann.