Rezension

Persönlich

Hamster im hinteren Stromgebiet - Joachim Meyerhoff

Hamster im hinteren Stromgebiet
von Joachim Meyerhoff

Bewertet mit 4 Sternen

"Von der Rampensau zum sterbenden Schwan war es nur ein Katzensprung." (Seite 152). Genau das passiert dem bekannten Schauspieler und Autor Joachim Meyerhoff kurz nach seinem 51. Geburtstag.

Er ist gerade mit seiner Tochter zusammen, als er plötzlich merkt, dass sein Körper ihn im Stich lässt - Schlaganfall! Nach der Einlieferung in ein Wiener Krankenhaus gerät er in die Mühlen der Medizin mit allen Vor- und Nachteilen. Schnell wird er "entmündigt", die Mühlen ders Krankenhauses müssen laufen, ohne Rücksicht auf Befindlichkeiten. Die Stroke Unit ist ein Alptraum, alle Stadien des menschlichen Verfalls sind auf engstem Raum zusammen. Gerettet wird Meyerhoff von seinen Erinnerungen an Reisen, an lustige Erlebnisse mit der Familie. Da ist es gut, dass nur seine linke Körperseite betroffen ist und nicht sein Gedächtnis.

Das Buch schwankt zwischen Komödie und Tragödie, manchmal ist es ungeheuer witzig, manchmal schimmern aber auch die Gefühle von Angst und Verlust durch. Die Gedanken des Kranken drehen sich unaufhörlich um seine Familie und seine Zukunft. Kann er noch als Schauspieler arbeiten? Wird er die Kinder aufwachsen sehen? Mich nervte allerdings manchmal die Selbstbespiegelung bis in alle körperlichen Einzelheiten, das hätte ich nicht alles wissen wollen...

Meyerhoff besticht auch in diesem Buch durch seine sprachliche Finesse, wie sie auch schon in seinen anderen Bücher zu beobachten war. Präzise und kreativ beschreibt er Personen und Ereignisse, das ist sehr beeindruckend.

Ein wirklich gutes Buch, nicht nur für Hypochonder. Und der seltsame Titel wird auch am Ende des Buches noch schlüssig erklärt.