Pessimismus und Identität
Bewertet mit 4 Sternen
Patrick Modiano bereitet der Stand in der Zeit ähnliche, philosophische Probleme. Die Existenz des Menschen ist in der Zeit nicht richtig beheimatet, vermittelt die Lektüre des schmalen Bandes „Ein so junger Hund“, selbst dann nicht, wenn man versucht, sie auf Zelluloid zu bannen. Man verliert sich in der Zeit oder die Zeit schreitet über einen hinweg. Die Örtlichkeiten mögen länger dauernd sein, der Mensch und seine Erinnerungen dagegen verblassen recht schnell und lösen sich auf. Nur die Leere bleibt. Und Stille. Selbst die Fotos verblassen, darum ist die Arbeit des Katalogisierens sinnlos und der Fotograf verliert das Interesse an seinem Werk.
Erinnerung, Identität, Verlust und Zeit, das sind, so heisst es, die Themen, die Patrick Modiano in seinem Gesamtwerk beackert. Schauplatz ist im vorliegenden Bändlein natürlich Paris. Das Geschehen passiert beiläufig. Eine zufällige Begegnung mit einem Fotografen. Ein namenloser Erzähler. Nebulöse Begegnungen, die im Schwarzen Loch der Zeit verschwimmen, bevor sie ganz verschwinden.
Die Sprache ist schön, der Sinn dunkler, der in Modianos Betrachtungen enthaltenden Melancholie und Auflösungswünsche kann und will ich mich nicht anschliessen. Was tun? Wie dieses Büchlein bewerten? Typisch französisch halt mit vielen autobiographischen Elementen.
Fazit: Eine von der Schoah her geprägte, pessimistische Literatur, allerdings in sehr schöne und tiefgründige, teilweise philosophische Bilder und Sprache gepackt.
Kategorie: gehobene Literatur // Verlag: Aufbauverlag