Rezension

Realistische, weniger idealisierte Sicht auf die goldenen Zwanziger

Lindy Girls -

Lindy Girls
von Anne Stern

Bewertet mit 5 Sternen

Mit den verschiedenen Perspektiven gelingt es Anne Stern uns ein vielschichtiges Bild der 1920er Jahre zu vermitteln. Hierbei hat mir besonders gut gefallen, dass ihr Bild weniger idealisiert und vielmehr ein realistisches Bild der Schicksale der Frauen in den „goldenen Zwanzigern“ vermittelt. 

Neben der Tanzlehrerin Wally verfolgen wir das Schicksal der Tänzerinnen Alice und Thea. Jede von ihnen hat unterschiedliche Hintergründe, so kommt Thea z.B. aus wohlhabendem Hause, von dem sie flieht, während Alice arm aufwächst und insbesondere ihr Bruder Ben wegen seines jüdischen Hintergrunds unter Antisemitismus leiden muss. Die Figuren haben mir durch ihre Vielschichtigkeit wirklich gut gefallen und ich habe sie durch ihre toll ausgearbeiteten Charakterzüge als sehr authentisch erlebt. 

Generell spricht Anne Stern viele, die Gesellschaft der 20er Jahre prägende Themen an: sei es indem sie auf gesellschaftliche Veränderungen, die zunehmende Drogensucht, aber auch die Hoffnungslosigkeit aus den Kriegsjahren, die die Männer häufig immer noch tief begleitet hat, ungewollte Schwangerschaften oder die Geldsituation verschiedener Personen, die allzuoft Antrieb für jeweilige Handlungen ist, aufmerksam macht. Vor allem geht es aber darum, wie Frauen nicht die gleichen Rechte wie Männer hatten und sich dennoch versuchen, etwas aufzubauen. Dadurch gelingt es, Anne Stern die Historie in die Geschichte einzuweben. 

Daneben hat Anne Stern die verschiedenen Personen toll miteinander verwebt. So hat Gila, die davon träumt Autorin zu werden, ebenfalls einen Bezug zu den Lindy Girls, denn ihr Buch handelt von Tänzerinnen und sie vermittelt Thea zu den Lindy Girls. Immer mal wieder erzählt und Stern auch aus der Sicht eines Nebencharakters, was die Geschichte zusätzlich bereichert. Durch die bildhafte Beschreibung der Tanzszenen konnte ich mir diese zudem toll vorstellen. 

Insgesamt ein gelungener Roman über die goldener Zwanziger, das anhand verschiedener Personen das Schicksal der Frauen zu dieser Zeit realistisch abbildet.