Rezension

Schicksale in der 1940er Jahren – ein Werk gegen das Vergessen

Vielleicht können wir glücklich sein -

Vielleicht können wir glücklich sein
von Alexa Hennig Lange

Bewertet mit 5 Sternen

Isabell findet im Nachlass ihrer Großmutter Klara über 130 Tonbandaufnahmen. Darin erzählt diese über ihr Leben in der Kaiserzeit, der Zeit des Nationalsozialismus und im geteilten Deutschland.

In „Vielleicht können wir glücklich sein“ begleiten wir Klara im letzten Jahr des Zweiten Weltkrieges. Ihre Stelle als Leiterin des Frauenbildungsheims hat sie aufgegeben, um sich um ihre vier Kinder kümmern zu können. Klaras Mann Gustav, der sich früher als Lehrer verdingte, wurde schon vor Langem eingezogen und kämpft nun mit seiner Einheit in Schlesien. In ständiger Anspannung wegen der zunehmenden feindlichen Angriffe versucht Klara ihren Alltag zu bewältigen. Zu ihrer Sorge um die Kinder und ihren Mann an der Front mischt sich auch die Angst um Tolla, ihre jüdische Ziehtochter, die nach Theresienstadt deportiert wurde…

 

Im dritten Band ihrer Heimkehr-Trilogie fängt Alexa Hennig von Lange den Alltag in den Kriegswirren 1944/45 ein. Damit schließt der Roman beinahe lückenlos an den zweiten Teil „Zwischen den Sommern“ an. In ihrer Reihe hat die Autorin mit Klara eine Figur geschaffen, die durch ihre eigene Familiengeschichte inspiriert ist. Entsprechend wirklichkeitsnah schildert sie auch im letzten Band wieder die Ereignisse in Sandersleben. Alexa Hennig von Langes Erzählstil ist dabei sehr lebendig, sodass man durchweg mit der Protagonistin fühlt: Für Klara ist es eine belastende Situation, wochenlang auf ein Lebenszeichen von ihrem Mann und ihrer Ziehtochter zu warten, die Verantwortung für ihre Kinder zumeist alleine tragen zu müssen, immer wiederkehrend Nachrichten vom Tod alter Bekannter zu erhalten und nicht zu wissen, was die Zukunft bringt.

Die Hauptfigur steht hier stellvertretend für Millionen von Schicksalen im zweiten Weltkrieg. So kann der Roman als Dokumentation der traumatischen Erlebnisse gesehen werden, die die Menschen damals durchstehen mussten. Wir erfahren, was es bedeutet, wenn ein Volk unter Lebensmittelknappheit leidet, Medikamente nur noch eingeschränkt verfügbar sind, wenn die Sirenen erklingen und die nächsten Angriffe ankündigen. Wir spüren – teils unmissverständlich beschrieben, teils zwischen den Zeilen –, wie schon Kinder in ihren jungen Jahren unter dem Krieg litten und sich Paare ein Stück weit entfremdeten. Kurzum: Wir können verstehen und nachempfinden, wie sehr der Krieg das Familienleben beeinflusste und die Menschen ein Leben lang prägte.

Trotz aller Widrigkeiten ist während des gesamten Romans die Liebe zu spüren, die Klara für ihre Familie in sich trägt. Und so keimt zwischen den Schrecken des Krieges vereinzelt auch Hoffnung auf: „Vielleicht können wir glücklich sein“.

Alexa Hennig von Langes Roman(-reihe) ist ein ergreifendes Werk gegen das Vergessen und daher eine unbedingte Empfehlung!