Rezension

Sehnsucht nach der großen Liebe

Bei der Laterne woll'n wir stehen -

Bei der Laterne woll'n wir stehen
von Gunna Wendt

Bewertet mit 4 Sternen

Beim Lesen des Buchtitels stellt sich sofort der Ohrwurm „Lili Marleen“ ein, was nicht zuletzt daran liegt, dass die Ankündigung ebenfalls auf das berühmte Lied abzielt.

Das Lied klingt im ganzen Roman durch, dazu tragen auch Zeilen oder Zeilenfragmente aus dem Text bei, die einigen Kapiteln vorangestellt sind. Eine Entstehungsgeschichte des Liedes, was suggeriert wird, ist der Roman jedoch nicht.

Lili glaubt, mit Cord die große Liebe gefunden zu haben. Sie verleben unbeschwerte Tage in Paris und sind sich sehr nah. Als Cord sich entschließt, sich freiwillig zu melden, beendet Lili ihre Beziehung, weil sie dafür kein Verständnis aufbringt. Diese Entscheidung kann ich aus Lilis Sicht und mit ihrer Begründung nachvollziehen. Lili geht von Hamburg nach München und erfüllt sich ihren Traum, Sängerin zu werden.

Gunna Wendt erzählt Lilis Geschichte, beginnend mit 1914 und endend mit 1942, eingebettet in eine Rahmenhandlung 1981, in der Fassbinders Film „Lilli Marleen“ Premiere feiert.

Die Autorin lässt die Zeitgeschichte aufleben: bekannte Künstler und Literaten werden namentlich benannt und sind in die Geschichte integriert. Viele Namen werden allerdings Jüngeren kaum noch etwas sagen. Die Schauplätze sind bildhaft beschrieben. Auch die Beschreibungen von Lilis Lebensumständen als junge Sängerin während und nach dem Krieg sind lebendig. Lili ist in ihrer fiktiven Figur stimmig gezeichnet.

Cord spielt zu Beginn ein wichtige Rolle, nach der Trennung wird er nur selten erwähnt. Dennoch kann Lili ihn nicht vergessen. Als sie das Lied „Lili Marleen“ hört, fühlt sie ihre Liebe besungen. Mir stellt sich die Frage, ob Cord wirklich Lilis große Liebe ist oder ob es die Sehnsucht nach der großen Liebe ist, die hier beschrieben wird. Offensichtlich machen beide keine Versuche, sich nach dem Krieg wiederzufinden.

Das auffällig gestaltete Cover passt perfekt zum Roman und zum Titel.

Fazit: gut geschriebene Zeitgeschichte