Rezension

Sehr ernste Themen treten veralbert in den Hintergrund

Holunderherzen - Brigitte Janson

Holunderherzen
von Brigitte Janson

Anne ist bereits in den Vierzigern und doch plagen sie derzeit dieselben Probleme wie zu jenen Zeiten als sie noch ein Teenager war: Sie hatte sich Hals über Kopf verliebt und nun hat sich ihr Freund von ihr getrennt, schon wieder einer. Als ihre Tante Tilly auf einen Sprung bei ihr in Hamburg vorbeikommt, bringt sie Anne auf die Idee, zu ihr an die Ostsee zu kommen, damit sie erst einmal wieder einen klaren Kopf bekommen und die ganze Sache verarbeiten kann. Der Haken ist nur: Tilly lebt in einer abgelegenen Wohnwagensiedlung, die sie „Holunderdorf“ nennt und pflegt insgesamt einen sehr alternativen Lebensstil…

Der Grundgedanke der Handlung ist wirklich gut, die Geschichte ist schön und die Charaktere sind sympathisch. Natürlich sind sie alle ein wenig überzeichnet und karikiert, wodurch jedoch auch eine gewisse Komik dieses Buch etwas auflockert.

Allerdings hatte ich nach etwa 100 Seiten dann doch etwas zu viel Komik genossen, da die Figuren und die gesamte Situation einfach permanent ins Lächerliche gezogen wurden, sich jeder absolut naiv und zum Teil unrealistisch verhielt (Erwachsene Menschen führen ständig laut Selbstgespräche mit sich und werden daher andauernd von anderen auf ihr komisches Gefasel angesprochen. Niemand führt ständig Selbstgespräche!). Ich fand den Schreibstil insgesamt einfach ein bisschen zu albern, vor allem wenn man bedenkt, dass es hier unter der Oberfläche um ernste Themen wie Tod und Altersdemenz geht. Da wirkte das schnell unangebracht, auch wenn ich mir darüber im Klaren bin, dass offenbar versucht wurde, eine positive Grundstimmung zu vermitteln.

Insgesamt fehlte mir an „Holunderherzen“ besonders der Bezug zur Lebenswirklichkeit solcher Menschen. Es wirkt alles so einfach, Probleme lassen sich so leicht lösen, man kann so leicht an der Ostsee neu anfangen, alles ist kein Problem mehr, wenn man in einen Wohnwagen zieht. Natürlich ist man auch mal traurig, dann wird wegen Nichtigkeiten hemmungslos geheult, aber alles in allem ist die Welt doch ziemlich plüschig. – Darüber bin ich in diesem Roman am meisten gestolpert. Mir gefällt es nicht, wie oberflächlich die gesamte Situation beschrieben wird, wie wenig man über die äußeren Umstände erfährt, wie wenig vom wahren Innenleben der Protagonisten, welches nicht unter Albernheiten versteckt wird. Manchmal hatte ich den Eindruck, dieses Buch hätte so auch von einem Kind geschrieben sein können, da sowohl die Sprache als auch die Komplexität der Zusammenhänge sehr schlicht und kindlich waren.

Alles in allem hat mir dieses Buch nur mäßig gut gefallen, was insbesondere daran lag, dass mir dieser Roman zu albern war, zumal er durch den Verlag  nicht im Genre „Humor“ verortet wurde.