Rezension

Sehr gut: Gesthuysen: Vater

Sei mir ein Vater - Anne Gesthuysen

Sei mir ein Vater
von Anne Gesthuysen

Bewertet mit 4.5 Sternen

Gelungener Genremix talentierter Sympathieträgerin

Anne Gesthuysen "kannte" ich bisher nur als kompetente und sympathische Moderatorin des ARD-"Morgenmagazins". Zwischenzeitlich überzeugte sie mich auch als Quizpartnerin ihres Ehemannes, Frank Plasberg im Vorabendprogramm und schaffte es sogar, eben diesen, den ich zwar als Moderator von "Hart aber fair" überaus schätzte, der mir aber trotzdem unsympathisch war, durch ihre Interaktion mit ihm in einem Licht erscheinen zu lassen, das meine bisherige Einschätzung positiv veränderte. Jetzt also A. G. als Autorin!

Sie hat mich vollkommen überzeugt. Gekonnt verknüpft sie die Genres "Familiengeschichte", "Historischer Roman", und "Romanbiografie" mit Anleihen bei "Reiseroman", "Roman aus der Kunstszene" und "Schicksalsroman". Erzählt wird hauptsächlich in zwei Handlungssträngen, einer davon spielt neben einigen Rückblenden in die Jugendzeit der beiden Hauptpersonen aus diesem Strang nahezu in der Gegenwart, der andere zur Zeit von Matisse, Seurat, Corot... (ich fühlte mich oft die Galerie von John Galsworthys "Soames Forsyte" versetzt *g*). Autobiografische Bezüge werden in einem interessanten Nachwort erläutert. Die Französin Lilie, die einst bei der Familie des deutschen Mädchens Hannah ein Schuljahr absolvierte, kommt nach Deutschland und spürt gemeinsam mit Hannah und deren unheilbar an Krebs erkranktem Vater einem Bild von (authentischen!) Vorfahren aus ihrer eigenen Familie nach. Interessante Einblicke in die französische Politik von damals (Jaures, Sembat) verdienen ebenfalls Erwähnung.