Rezension

Sehr interessante Thematik, aber leider schwach umgesetzt

Alles muss versteckt sein - Wiebke Lorenz

Alles muss versteckt sein
von Wiebke Lorenz

Bewertet mit 3 Sternen

Das Buch von Wiebke Lorenz lag nun mehr als ein Jahr auf meinem Stapel ungelesener Bücher, denn die blutigen Hände auf dem Cover haben mich immer ein wenig abgeschreckt. Mein ursprünglicher Verdacht, es könnte sich um einen Thriller handeln, bei dem das Blut nur so aus den Seiten quillt, hat sich jedoch nicht bestätigt. Im Grunde ist das Buch sogar so harmlos, dass man kaum von einem Thriller sprechen kann.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht Marie, die vermeintliche Mörderin, die unter aggressiven Zwangsgedanken leidet. Nicht nur durch die Gespräche mit ihrem Psychiater, sondern auch durch Auszüge aus ihrem Tagebuch erhält man sehr tiefe Einblicke in das Leben und die Gedankenwelt eines Zwangserkrankten sowie in den Alltag in einer geschlossenen Einrichtung der forensischen Psychiatrie. Man merkt deutlich, dass die Autorin hierfür sehr akribisch und intensiv recherchiert hat, denn das Krankheitsbild von Zwangserkrankungen und deren Auswirkung auf alle Lebensbereiche der Betroffenen werden außerordentlich authentisch, informativ und anschaulich geschildert. Der Charakter von Marie ist sehr fein gezeichnet, sodass man sich in die Gefühle und Gedanken der Hauptprotagonistin sehr gut einfühlen und ihre Verzweiflung, Ängste, Schuldgefühle, Selbstzweifel und ihr Leiden an der psychischen Erkrankung nachempfinden kann. Auch die beklemmende Atmosphäre in der Psychiatrie wird sehr eindrücklich beschrieben.
Allerdings hat mich das Buch überhaupt nicht gefesselt, denn stellenweise war es sehr zäh und durch ständige Wiederholungen auch ziemlich langatmig. Wirkliche Spannung wollte sich bei mir jedenfalls nicht einstellen. Außerdem war das Ende für mich so vorhersehbar, dass ich recht schnell einen Verdacht hatte, der sich dann trotz einer an den Haaren herbeigezogenen Wendung letztendlich auch bestätigte.
Da der Schreibstil der Autorin aber sehr angenehm und leicht ist und ich sehr beeindruckt war, wie intensiv und glaubwürdig sich Wiebke Lorenz mit der Entstehung, Bewältigung und dem Umgang mit aggressiven Zwangsgedanken auseinandersetzt, ließ sich das Buch sehr flüssig und schnell lesen.
Die Thematik fand ich sehr interessant, die sensible und informative Auseinandersetzung mit dieser seelischen Krankheit war äußerst gelungen, aber von einem Thriller hätte ich mir doch wenigstens ein bisschen Spannung erhofft.