Rezension

Short Stories vor 1900

Die tristen Tage von Coney Island -

Die tristen Tage von Coney Island
von Stephen Crane

Bewertet mit 3 Sternen

13 Kurzgeschichten von Stephen Crane sind in dem neuen Band „Die tristen Tage von Coney Island“ des Pendragon-Verlags erschienen.

Den Texten von Crane merkt man an, dass der US-Amerikaner Kriegsberichterstatter und Journalist von Beruf war. Denn zum einen handeln die Texte davon, und zum anderen schreibt Crane zutiefst berichtend.

Oft sind Cranes Geschichten Momentaufnahmen: In „Männer im Sturm“ warten Obdachlose in einem Blizzard darauf, dass ihr Obdachlosenheim aufmacht, in „Gefesselt“ wird von einem Theaterbrand berichtet. Der Schriftsteller beobachtet, beschreibt was er sieht und hält sich mit Kommentaren zurück. Neben den Momentaufnahmen gibt es aber auch stärker erzählende Texte. Oft genug gleiten diese ins Groteske bzw. Skurrile ab, etwa die beiden Männer, die zunächst nur baden wollen, in Seenot geraten und dann mit dem Schiff, das sie aufgreift, bis nach New York mitfahren müssen.

Gerade wegen ihrem Hang zum Grotesken und ihren inhaltlichen Leerstellen, mochte ich manche der Geschichten von Stephen Crane sehr. Allerdings merkt man doch das Zeitbehaftete sehr. Die Texte der Kriegsberichterstattung wirken auf uns heute doch sehr befremdlich. Auffällig ist auch, dass es in Stephen Cranes Geschichten nie um Beziehungen, um Liebe oder Freundschaft geht. Es sind vielmehr fremde Menschen, die in den Texten von Crane aufeinandertreffen, oft sind Figuren auch nur als „der Fremde“ beschrieben. Zur Lebenswelt von Crane schien das nicht gehört zu haben – da er im Jahr 1900 bereits mit 28 Jahren an Tuberkulose starb (übrigens in Deutschland, weil er hier auf neue medizinische Erfolge hoffte), ist das sogar denkbar. Dennoch irritiert die eingeschränkte Themenwahl der Geschichten etwas.

Das Nachwort von Wolfgang Hochbruck empfand ich als zu ausführlich. Auf fast jede Geschichte wird Bezug genommen, allerdings ohne dass eine kritische Einordnung erfolgt. Hochbruck lobt alles, was Stephen Crane geschrieben hat, letztlich in den grünen Klee – da ist er mir deutlich zu subjektiv positiv.