Rezension

So könnte es gewesen sein!

Die Saga von Vinland - Iny Lorentz

Die Saga von Vinland
von Iny Lorentz

Bewertet mit 3.5 Sternen

Jarl Eyvind Erlingarson wird zum Verräter, als er in den norwegischen Thronfolgekämpfen den Falschen unterstützt. Auf der Flucht mit seinen Getreuen raubt er Sigrid, die ihm vor seinem neuen Status als Verlobte versprochen war. Auch die Freunde Andreas und Ailmar geraten bei dem Überfall in seine Hand. Zusammen mit den Gefangenen und Kämpfern aus Island und Grönland versucht Eyvind sich in „Vinland“ anzusiedeln, jener Gegend, die einst Leif Eriksson entdeckte.

 

Nicht Christoph Kolumbus war es, der 1492 als erster Europäer amerikanischen Boden betrat, sondern rund 400-500 Jahre vor ihm waren es die „Wikinger“. Eine Siedlung wurde mittlerweile ausgegraben und andere Funde deuten darauf hin, dass sie versuchten, sich dort anzusiedeln, bis etwa um 1200 herum alles aufgegeben wurde und man in Nordeuropa „sesshafter“ wurde. Ich finde die „wahre Entdeckung“ Amerikas unheimlich interessant, daher musste ich unbedingt den neuen historischen Roman von Iny Lorentz lesen, der sich mit dieser Thematik auseinandersetzt.

Das Autorenduo erzählt nicht die Geschichte Leif Erikssons, sondern wählt einen fiktiven Charakter zu einem späteren Zeitpunkt. Dennoch habe ich mir mehrmals beim Lesen gedacht „So könnte es gewesen sein“. Mir gefiel die Recherchearbeit, die die Autoren geleistet haben sehr!

 

Neben der Handlung in Amerika spielt ein Teil noch auf Island und Grönland, wobei mir vor allem der Island-Teil zu lang war. Die Versuche, Siedlungen in „Vinland“ zu errichten, die Probleme, auf die die Nordmänner stoßen, Streit untereinander und Auseinandersetzungen mit den Indianern („Skrälinger“), das empfand ich wiederum als sehr spannend und authentisch.

 

In gewohnt lockerer Manier lässt sich der Roman trotz der über 600 Seiten lesen. Der Schreibstil ist nicht zu anspruchsvoll und dürfte ein breites Publikum erreichen. Etliche Wiederholungen fielen mir negativ auf, vor allem wenn es um Sigrids und Andreas' Fluchtpläne ging, die mit ähnlichen Sätzen beinahe jedes Kapitel erwähnt wurden.

Der Fokus der Handlung liegt auf den Erlebnissen in Nordamerika, die Charaktere blieben mir relativ fremd. Eine Entwicklung der Charaktere findet nicht statt. Sigrid blieb blass, da gefiel mir Ingridur viel besser. Wie in einigen Lorentz-Romanen dreht sich auch „Die Saga von Vinland“ oft um das Thema Frauen, Sex, Vergewaltigung. Ich finde es durchaus realistisch, dass den Siedlern Frauen fehlten und dass sie mit den vorhandenen brutal umgingen, aber mir stand dieser Aspekt zu oft im Vordergrund. Weniger ist oftmals mehr!

 

Fazit: „Die Saga von Vinland“ thematisiert ein für mich sehr interessantes Kapitel der Geschichte, ist gut recherchiert und gibt die Geschehnisse plausibel für den Leser wider.

Der Roman offenbart ein paar Schwächen bei den blassen Charakteren und dem Schreibstil. Ich vergebe 3,5 Sterne, aufgerundet auf 4 für „Die Saga von Vinland“.