Rezension

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Solider Abschluss einer tollen Buchreihe

Crushing Colors -

Crushing Colors
von Tami Fischer

Bewertet mit 4 Sternen

Die Fletcher-University-Reihe begleitet mich nun schon seit einigen Jahren – und bei jedem der Bände erlebte ich einen Mix aus Zuhause-Feeling und Neugier, aus Vertrautem und Neuem. Ich habe die gesamte liebenswerte Figuren-Clique unheimlich ins Herz geschlossen, habe alle Bände (von denen »Burning Bridges« zu meinen All-Time Favorites zählt) verschlungen und fasse es nicht, dass dies nun tatsächlich der letzte Band sein soll. 

Bereits seit dem Reihenauftakt - im Herbst 2019! - freute ich mich riesig auf Summers Geschichte. Ihr quirliger Charakter als flirty Sonnenschein mit den stets knallrot geschminkten Lippen faszinierte mich seit jeher und ich war enorm gespannt darauf, mehr über sie  zu erfahren. Wie tickt die junge Frau wirklich, der wir legendäre Paarnamen wie 'Chella' und 'Ellorsus' verdanken, welche Themen spielen in ihrem Leben eine besondere Rolle?

Ich fange ich mal mit dem Offensichtlichen an und gehe dann zu den Punkten über, die letztlich ausschlaggebend waren für meinen Leseeindruck.

Covergestaltung: 

Top! Überhaupt liebe ich alle der mit Goldsprenkeln verzierten Cover der Reihe, und dieses hier harmoniert perfekt mit den anderen Bänden. Auch der klangvolle Buchtitel passt wie die Kirsche aufs Sahnehäubchen - wieder eine Alliteration, wieder thematisch auf den Inhalt abgestimmt. (»Crushing Colors« bezieht sich auf die queeren Elemente der Handlung; "er steht sinnbildlich für das »Sprengen« von Schubladen und festgefahrenen Denkweisen".)

Schreibstil: 

Dass die sympathische Spiegel-Bestsellerautorin Tami Fischer einen herrlichen Erzählstil hat und ihre wunderbaren Werke nicht mehr aus dem New-Adult-Genre wegzudenken sind, steht außer Frage. Sie kann schreiben, Punkt. Doch ausgerechnet bei Summers Geschichte hat es dieses Mal relativ lange gedauert, bis ich emotional in der Handlung angekommen war; es wollte sich zunächst keine Nähe zu den Charakteren einstellen. Mein großes Glück war, dass ich zu allen Figuren bereits aufgrund der Vorgängerbände ein klares Bild im Kopf hatte. Insbesondere die Dialoge zu Beginn waren geprägt von altersuntypischer Wortwahl, welche die Figuren meiner Meinung nach deutlich jünger, kindisch denkender und unreifer darstellte als sie eigentlich waren; die permanenten Spitznamen fand ich beispielsweise übertrieben. Über "Kotzi" lässt sich streiten, viele Leser:innen können sicher darüber schmunzeln und auch mich hat es nicht gestört, aber "Crossfit" hier, "Schmiercules" da, und noch schlimmer: das allgegenwärtige "Lollipop" … das war nicht so meins.

Handlung: 

Im Vergleich zu den anderen Bänden passiert hier relativ wenig, zumindest kam mir die Story recht ruhig vor - nicht langweilig, aber auch nicht spektakulär. Die ganzen Schlagwörter (Feminismus, Mansplaining, Label, Demisexualität, etc.) wirkten … unauthentisch. Es steckt gewiss eine gute Intention hinter der Einbindung dieser Themen in die Geschichte, doch in meinen Augen passten sie nicht zur Handlung, zu den Figuren, zum Gesamtfeeling. Sie erschienen mir zu oberflächlich abgehandelt/lieblos eingestreut und waren im Grunde komplett irrelevant für die Story.

 

+ + + ACHTUNG, SPOILER!! + + + 

Summer datet Männer und Frauen, diese Info wird mit ein, zwei Sätzen erwähnt und das war’s. Letztlich kommt sie sowieso mit einem Mann zusammen - der wiederum zwar "nicht hetero" ist … aber doch mit einer Frau verheiratet ist und schlussendlich ebenfalls wieder mit einer Frau (= Summer) zusammenkommt. Mir kam es so vor, als wäre bei einer fertig geschriebenen, nicht-queeren Love Story im Nachhinein der Rotstift angesetzt worden à la 'Soooo, let’s see … wo quetschen wir da noch eine paar Toleranz signalisierende gesellschaftliche Trendthemen rein?' Ich dachte nur: 'Och nö'. Wenn, dann hätte dieser Inhalt komplett im Fokus stehen müssen, ganz oder gar nicht. Abgesehen vom Safe Word "Cookie" fand ich all diese Punkte nicht förderlich für die emotionale Ebene der Story, sie fügten dem Ganzen etwas Neutrales, Sachliches, Politisches hinzu; die diesbezüglichen Aussagen wirkten gestelzt und belehrend, und dieser 'erhobene Zeigefinger' ist etwas, was ich beim Lesen überhaupt nicht mag.

Ich glaube, die Tatsache, dass der Markt in den letzten Jahren zunehmend überschwemmt wird von Büchern, in denen Queer-Elemente eher halbherzig eingeflochten worden sind (und folglich so wirken, als wären sie auf Biegen und Brechen eingebaut worden), wurde diesem Werk zum Verhängnis, denn bei Aussagen wie "[…] ich finde es cool, wenn Leute sich offen labeln und ihr Label mit Stolz tragen […]. Manchmal lege ich mich auf ein Label fest, aber ein halbes Jahr später könnte es auch schon nicht mehr so ganz passen." konnte ich nur noch mit den Augen rollen, weil ich dieses Label-Thema mittlerweile dermaßen leid bin.

Versteht mich bitte nicht falsch, mir ist es piepegal, wer wen und wieso liebt, das gilt sowohl für Bücher als auch für das reale Leben. Liebe ist Liebe und je mehr Liebe es auf der Welt gibt, desto besser. Bei Romanen gilt allerdings generell für mich: Zwischenmenschliche Beziehungen, Liebe und Anziehung, romantisches/sexuelles Interesse sollten und müssen emotional ansprechend und glaubwürdig beschrieben werden, damit ich aufrichtig mitfiebern kann. Das Ganze muss natürlich  und selbstverständlich wirken (- so wie es mit Gefühlen eben auch im realen Leben ist), nicht verkrampft auf Individualität getrimmt. Beste Beispiele für eine grandiose Einarbeitung queerer Handlungselemente: Sarina Bowens "Was niemand von uns weiß" oder Yvy Kazis St.-Clair-Campus-Reihe (beides absolute Highlights für mich). 

+ + + SPOILER beendet + + + 
 

Figuren: 

Summer und Brigham sind beide facettenreich ausgearbeitet worden, speziell IHN fand ich unwiderstehlich (-auch wenn Ches für mich auf ewig Fletchers Nr. 1 bleiben wird). Summers Emotionen in puncto Familie(nprobleme), Studium und Freundeskreis wurden tiefgründig und absolut mitreißend beschrieben; in einigen Szenen tat sie mir so leid, dass mir beim Lesen Tränen in den Augen standen. Sie bekam ein würdiges Happy End, über das ich mich von ganzem Herzen gefreut habe. Und was die spicy Szenen betrifft: sie waren hot, hot, hot! 

Fazit:

Handlung: 3 Sterne. Schreibstil: 4 Sterne (aufgrund einiger zu ruhig/leicht langatmig erscheinender Passagen sowie anfangs unreif wirkender Dialoge - Stichwort: Spitznamen; ansonsten sehr gut). Covergestaltung: 5 Sterne.

Ich liebe die Reihe und hätte Summers Story gerne noch mehr geliebt, doch auch wenn es unterm Strich nicht das erhoffte Highlight geworden ist, bin ich mit dem Fletcher-Abschluss im Großen und Ganzen zufrieden. Ein wenig betrübt bin ich schon, dass dies nun wirklich das Ende bedeuten soll. Vielleicht überrascht uns Tami Fischer ja eines Tages mit einem weiteren Band - immerhin bekommt eine gewisse Figur demnächst eine Stiefschwester, die ebenfalls an der Universität in Fletcher studieren möchte … just saying. (Fingers crossed!)

Klare Empfehlung für alle New-Adult-Leser:innen!