Rezension

Spannend, aber nicht das beste Buch der Reihe

Dreh dich nicht um - Karin Slaughter

Dreh dich nicht um
von Karin Slaughter

Bewertet mit 3 Sternen

Wenn man schon Bücher von Karin Slaughter gelesen hat, ist man nicht überrascht, dass es auch in Dreh dich nicht um wieder recht brutal und blutig zur Sache geht, denn auch in diesem Thriller macht die Autorin ihrem Nachnamen Slaughter, der übrigens kein Pseudonym ist, wieder alle Ehre. Für zart besaitete Gemüter oder Leser mit einem empfindlichen Magen ist das Buch nicht geeignet, denn Karin Slaughter scheut sich nicht, Leichenfunde und Obduktionen detailliert zu beschreiben, was mitunter etwas unappetitlich werden kann. Da ich Krimis, in denen Gerichtsmediziner ermitteln, sehr gerne lese, kann mich das nicht erschüttern und verursacht bei mir auch keine Alpträume – zumindest solange ich nur in der fiktiven Welt damit konfrontiert werde. Wenn ein Thriller spannend ist und diese blutigen Details nicht nur pure Effekthascherei sind, sondern zur Aufklärung des Falles beitragen, kann ich auch entspannt darüber hinwegsehen. In den Büchern von Karin Slaughter bleibt der Ekelfaktor für mich jedenfalls in einem erträglichen Rahmen.
Während ich von den beiden ersten Bänden der Reihe sehr begeistert war, konnte mich Dreh dich nicht um leider nicht so recht überzeugen. Das Buch war durchgehend spannend, der Schreibstil ist einfach und anspruchslos, sodass es sich angenehm flüssig und schnell lesen lässt, aber eine Reihe von Ungereimheiten und an den Haaren herbeigezogenen Zufällen haben mich dann doch enttäuscht. Da wurde ganz tief in die Trickkiste gegriffen, um möglichst alle Formen von Gewalt und Kriminalität, also nahezu alles, was das Thrillergenre hergibt, in ein Buch zu packen – Vergewaltigung, häusliche Gewalt, Rassismus, Selbstjustiz, Rache, Drogenkriminalität, sexuelle Perversionen und erbitterte Machtkämpfe zwischen Akademikern – alles drin. Manchmal wäre etwas weniger durchaus mehr, wenn ein Buch noch ein bisschen glaubwürdig sein soll.
Und so erging es mir leider auch mit den Protagonisten, besonders mit Lena Adams, die Leser der Reihe bereits aus Belladonna und Vergiss mein nicht kennen. Seit ihre Zwillingsschwester grausam ermordet und sie selbst entführt, vergewaltigt und gefoltert wurde, ist die ehemalige Polizistin schwer traumatisiert. Dass sie ihre schmerzhaften Erinnerungen an diese Erlebnisse mit Alkohol zu betäuben versucht und selbstzerstörerische Tendenzen entwickelt, ist für mich noch durchaus nachvollziehbar. So war ich zu Beginn des Buches auch empathisch und hatte Verständnis für ihr Verhalten, das jedoch im weiteren Verlauf der Handlung immer abstruser und unverständlicher wird. Warum sie ausgerechnet die wenigen Menschen, die es gut mit ihr meinen und ihr helfen wollen, ständig vor den Kopf stößt und sich stattdessen mit einem gewalttätigen Rassisten einlässt, der nicht gerade zimperlich mit ihr umgeht, war mir dann doch ein wenig schleierhaft.
Die Gerichtsmedizinerin und Kinderärztin Sara Linton, die man auch schon aus den beiden vorhergehenden Bänden kennt, kommt in Dreh dich nicht um leider etwas zu kurz, was ich sehr schade finde, da sie die Protagonistin der Reihe ist, die mir am sympathischsten ist. Sie ist klug, scharfsinnig und willensstark, wirkt nach außen recht kühl und unnahbar, ist aber eine sehr emotionale, einfühlsame und empfindsame Frau. Nachdem Jeffrey Tolliver sie in der Ehe betrogen hat, ließ sie sich von ihm scheiden, aber allmählich nähert sich das Paar, das immer noch gemeinsam ermittelt, nun auch privat wieder an. Glücklicherweise steht das Privat- und Liebesleben dieser beiden Charaktere jedoch nicht im Mittelpunkt der Erzählung, denn obwohl man natürlich wissen will, wie das Leben der Hauptprotagonisten einer Reihe weitergeht, gibt es für mich in Thrillern und Krimis eigentlich nichts Nervtötenderes als die ausführlichste Darstellung der Privatangelegenheiten der ermittelnden Protagonisten.
Bedauerlicherweise waren es gerade die gemeinsamen Ermittlungen von Sara und Jeffrey, die mich in diesem Band der Serie etwas ratlos machten, denn die Tätersuche verläuft so unstrukturiert und chaotisch, dass am Ende nur eine Reihe von teilweise hanebüchenen Zufällen zur Lösung des Falls führen. Das war dann doch etwas enttäuschend und zeugt von einem schlecht durchdachten Plot, dem etwas mehr Struktur und Logik ganz gut getan hätten. Auf der letzten Seite kommt es jedoch noch zu einer sehr verblüffenden Wendung, die mich dann wieder ein wenig versöhnlich stimmte.
Ein erzählerisches und sprachliches Meisterwerk ist Dreh dich nicht um freilich nicht, kann dem Vergleich mit den beiden ersten Bänden der Reihe auch nicht standhalten, aber es ist ein durchaus spannender und kurzweiliger Thriller für Zwischendurch. Ich bin jedenfalls nach wie vor gespannt, wie es mit der Serie weitergeht und freue mich auf Schattenblume, den nächsten Fall für Gerichtsmedizinerin Sara Linton und Chief Jeffrey Tolliver.