Rezension

Spannend, teils mit Längen

Mädchenseelen -

Mädchenseelen
von Daniel Tappeiner

Die Geschichte: Lorena ist Psychotherapeutin und die jüngere Schwester von Tamara, die vor 25 Jahren von einem Stalker vergewaltigt wurde und sich daraufhin das Leben nahm. Nun bekommt Lorena von ebendiesem Mann eine Botschaft, die sie in Angst und Schrecken versetzt. Er hat es auf sie abgesehen. Lorena bitten ihren Patienten Domenico um Hilfe. Der Polizist stimmt zu, zwischen den beiden entwickelt sich darüber hinaus eine Liebesgeschichte. Die Ermittlungen entwickeln sich zu einer lebensbedrohlichen Aktion.

Meine Meinung: Ich glaube, ich war bei einer Rezension noch nie so zwiegespalten. Der Anfang hat mir sehr gut gefallen. Der Leser wird sofort in die Geschichte hineingezogen. Dann flaut es allerdings ziemlich rasch ab. Tamaras Leiden, der Entschluss, sich das Leben zu nehmen, das Leid der Familie – das alles wird nur oberflächlich gestreift. Dazwischen kommt mal die Sicht des Täters, der das Haus der Familie weiterhin beobachtet.

Auf die Geschichte selbst möchte ich nicht weiter eingehen. Das wäre spoilern. Aber es gibt so ein paar Dinge, die ich nennen muss, um meine Meinung zu begründen.

So gibt es beispielsweise eine Entführung und kurz vor der Vergewaltigung trifft Hilfe ein, die allerdings selbst in Bedrängnis kommt. Die erste Sorge des Opfers in dem Moment ist, sich mit BH und Höschen zu bekleiden, bevor es dem in Not geratenen Retter zu Hilfe kommt. Ich glaube in so einer Situation wäre es mir herzlich egal, ob ich bekleidet bin oder nicht.

Die Schreib- und Ausdrucksweise ist an manchen Stellen sehr gewöhnungsbedürftig. Für mich ist sie jedenfalls nicht flüssig genug. Vielmehr hört sich manches aufgesetzt an, gezwungen auf Spannung ausgelegt. Ich weiß, der Autor ist Südtiroler und in der Gegend spricht man etwas anders als bei uns. Aber mich hat es gestört und beim Lesen stolpern lassen. Wenn er für den deutschen Markt schreibt, sollte er vielleicht einen Lektor oder Korrektor einsetzen, um sprachliche Unterschiede und damit auch Fallen, die es zwischen Tiroler Deutsch und Schriftdeutsch gibt, zu umgehen.

Was die Ausdrucksweise betrifft – die ist manchmal arg hölzern, bürokratisch und wissenschaftlich. Hin und wieder sind Situationen ungeschickt beschrieben. Da bedankt sich beispielsweise ein Kommissar für die „Kollaboration“, Lippen formen sich zu einem seichten Lächeln, es gibt eine koagulierende Wunde (eine gerinnende Wunde), ein Klebeband windet sich um Lippen, ein Rock wird nach einer Vergewaltigung wieder hochgezogen und der Vergewaltiger hat ein „haariges Werkzeug“ – um nur ein paar aufzuzählen.

Die Story an sich ist ganz gut durchdacht, wenngleich nichts absolut Neues, birgt aber noch einiges an Potential. Die rechtliche Seite ist gut recherchiert, manchmal allerdings zu weit ausgeführt. An einigen Stellen ist der Roman aber sehr spannend, mitreißend und atemlos, was mir die Bewertung unendlich schwer macht.

Fazit: Meiner Meinung nach kann man die Story noch verbessern, indem man sie sprachlich mehr dem Schriftdeutsch anpasst und Längen mit wissenschaftlichem Hintergrund kürzt oder kreativer gestaltet. Mit meiner Kritik möchte ich den Autor nicht niedermachen. Ganz im Gegenteil. Ich hoffe, er nimmt sie als konstruktiv an.

Meine Leseempfehlung: Fünf Sterne kann ich auf keinen Fall geben. Allein für das „haarige Werkzeug“ des Vergewaltigers muss ich schon einen abziehen. Ich gebe drei bis dreieinhalb Sterne. Zu mehr reicht es bei mir leider nicht.