Rezension

Spannend und phantasievoll

Genesis X - Joachim Josef Wolf

Genesis X
von Joachim Josef Wolf

Bewertet mit 5 Sternen

„...Die Zeit wird kommen, in der du die ganze Wahrheit über dich erfahren wirst...“

 

Wir schreiben das Jahr 450000 vor Christi. Auf der Erde landet ein Raumschiff vom Planten Marduk, dem 12. Planeten unseres Sonnensystems. An Bord ist Ea, Sohn des Königs Anu. Er und seine Crew haben die Aufgabe, den Planeten Erde zu erforschen und zu kultivieren. Ea wird unter anderem begleitet von Inanna, Ärztin und jüngste Tochter des Königs, und dem Seher Serenus, der für die Organisation der Arbeit der Anunnaki verantwortlich ist.

Der Autor hat einen spannenden Roman über die Entstehung des Menschen geschrieben. Grundlage sind die alten Mythen der Sumerer. Mit viel Phantasie und gutem Sprachvermögen wurde daraus ein historischer Roman, der die Geschichte zweier Planeten erzählt. Das Buch lässt sich gut lesen und hat mich schnell in seinen Bann gezogen.

Am Anfang erfahre ich als Leser einiges über die Entwicklung der Erde und ihren Einfluss auf den Planeten Marduk. Außerdem ermöglicht mir der Autor einen Einblick auf das Leben auf Marduk. Die Höchstleistungen der Bewohner in Wissenschaft und Technik können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Gesellschaft in alten Mustern verharrt. Es gibt zwei Völker, Nefilim und Anunnaki. Letztere sind durch ein besonderes äußeres Merkmal gekennzeichnet. Während die Nefilim die herrschende Schicht stellen, sind die Anunnaki für niedrige Arbeiten da. Diesen Kreislauf allerdings hat Ea auf seinem Raumschiff und bei seiner Arbeit auf der Erde unterbrochen. Er gewährt allen die gleichen Rechte und ermöglicht den Anunnaki ein selbstbestimmtes Leben. Der Sprachstil des Buches ist sehr vielfältig. Die Beschreibung der Erde geschieht in einer bildhaften Sprache. Fakten über die irdische Entwicklung werden sachlich dargelegt. Wichtige wissenschaftliche Themen, die für die Handlung eine Rolle spielen, werden allgemeinverständlich erläutert. Auch sprachlich wird deutlich, dass die Konflikte auf Marduk negativen Einfluss auf die Entwicklung der Erde haben. Eine besonders unrühmliche Rolle spielt Enlil, Eas Bruder, der jede Ausbildung abgebrochen hat, sich aber durch Machtgier und Unbarmherzigkeit auszeichnet.

Es kam überraschend für die Nefilim, dass es auf der Erde höher entwickeltes Leben gibt. Doch die Entwicklung stagniert. Erst ein einschneidendes Ereignis sorgt dafür, dass Ea über das Geschehen auf der Erde allein bestimmen darf. Mit berührendes Worten gelingt es dem Autor, Eas Motivation bei all seinem Tun deutlich zu machen. Die Grundlage dafür liegt in seiner Religion, die sich auf einen liebenden Gott beruft, der allen Wesen eine freien Willen zugebilligt hat. Es gibt im Buch erstaunlich viel Parallelen zum Christentum, allerdings auch Zeichen von religiösen Fanatismus auf Marduk. Sehr gut werden Emotionen wiedergegeben. Dabei versteht es der Autor, sie nicht allein durch Worte, sondern auch durch das Handeln der Protagonisten auszudrücken. Enlils Machtgier führt zur Erpressung der Wissenschaftler, Inannas Liebe heilt irdische Bewohner und Anus Verzweiflung beschert der Erde dunkle Tage. An verschiedenen Stellen werden Paralleleln zur Bibel deutlich. Adam und Eva, Kain und Abel, Seth und Noah bekommen ihren Part, aber auch Baal und Aschera. Obiges Zitat stammt von Serenus, der mehr über Eas Herkunft weiß, als dieser ahnt. Die Dialoge gehören zu den sprachlichen Höhepunkten der Handlung. Gerade die Gespräche von Ea mit Serenus gehen in die Tiefe. Auch Eas Unterhaltung mit seiner Mutter trägt philosophische Züge. Bei den Gesprächen von Ea mit Inanna ist ihre Liebe in jeder Zeile spürbar. Im Jahre 10800 vor Christi verlässt das letzte Raumschiff der Marduk die Erde.

Das Cover mit dem gemalten Bild erinnert an das Gemälde von Michelangelo. Zwei Hände berühren sich. Im Hintergrund ist ein zarter DNA – Strang zu sehen.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Gekonnt wurden Faktenwissen und Fantasy miteinander kombiniert. Es ist ein Spiel mit Möglichkeiten, das man auch dann genießen kann, wenn man eine andere Sicht der Dinge hat.