Rezension

Spannende Biografie

Die rebellische Pianistin. Das Leben von Johanna Kinkel -

Die rebellische Pianistin. Das Leben von Johanna Kinkel
von Verena Maatman

Bewertet mit 5 Sternen

„...Wenn ich groß bin, möchte ich Musikerin werden..“

 

Schon mit jungen Jahren weiß Johanna, was sie will. Ihre Eltern sehen das naturgemäß anders. Anfang des 19. Jahrhunderts hatte eine Frau zu heiraten. Musik war bestenfalls Hobby.

Die Autorin hat eine abwechslungsreiche Biografie der Pianistin, Chorleiterin und Komponistin Johanna Kinkel geschrieben.

Der Schriftstil spiegelt die gesellschaftlichen Verhältnisse gut wider. Er ist ausgereift.

In einem Gasthaus wird Johanna in Hauswirtschaft ausgebildet. Häufig aber bittet sie die Köchin, lieber Klavier zu spielen und die Gäste zu unterhalten.

 

„...Es war gar nicht so schlecht, sich in der Küche dämlich anzustellen, obwohl sie das eigentlich gar nicht beabsichtigt hatte...“

 

Zu Hause findet man einen Kompromiss. Wenn Johanna die hausfraulichen Pflichten erledigt hat, darf sie sich der Musik widmen. Ihre weitere Ausbildung übernimmt Ries, der schon Beethoven ausgebildet hat. Er erkennt Johannas Talent und fordert und fördert sie.

Ihre erste Ehe wird zur Katastrophe. Mit Hilfe ihrer Eltern verlässt Johanna ihren Mann. Die Scheidung wird sich über Jahre hinziehen.

 

„...Für die Gesellschaft ist immer die Frau schuld, wenn eine Ehe in die Brüche geht...“

 

Auf Empfehlung geht Johanna nach Berlin. Dort gelangt sie in den Kreis von Bettina von Armin und Fanny Hensel, der Schwester von Felix Mendelssohn Bartholdy. Sie dichtet, komponiert und bildet sich fort.

Zurück in Bonn, wo sie auf ihre Scheidung wartet, lernt sich Scheinheiligkeit der guten Gesellschaft kennen. Ihr Verhalten wird genau beobachtet. Davon ist abhängig, ob sie Musikschüler erhält oder abgelehnt wird.

Bitter enttäuscht ist sie über die Reaktion der Intellektuellen zur Märzrevolution 1848.

 

„...Eines nach dem anderen. Wenn wir Frauen und Arbeitern gleiche Rechte einräumen, dann haben wir bald eine Anarchie...“

 

Johannas zweite Ehe beruht auf einem gleichberechtigten Nebeneinader der Partner.

Die Beschreibung von Johannas Leben ist aber nur die eine Seite des Buches. Die andere gilt der Musik. Johanna ist pädagogisch begabt. Sie malt gedankliche Bilder für ihre Schüler. So interpretiert sie ein Werk von Chopin so:

 

„...Die kurze Einleitung von sieben Takten war wie das Besteigen eines Kahns, der sanft auf den Wellen wiegte. Mit dem ersten Thema beginnt die Flussfahrt...“

 

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es zeichnet das Bild einer Frau, die sich im engen Korsett der Gesellschaft Freiräume geschaffen hat und lernte, mit Niederlagen und Missachtung umzugehen.