Rezension

Spannende Möglichkeiten liegengelassen

Ein anständiger Mensch - Jan Christophersen

Ein anständiger Mensch
von Jan Christophersen

Bewertet mit 3 Sternen

Ich bin richtig sauer, dass der Autor in diesem Buch unter seinen Möglichkeiten geblieben ist.

Steen ist ein Schriftsteller, der sich dem Themenkreis der Anständigkeit widmet und damit einen gewissen Bekanntheitsgrad in der Öffentlichkeit erlangt hat. Er wird einerseits als moralische Instanz wahrgenommen und zu spezifischen Fragen der Zeit interviewt, andererseits vom Volk als „Anstandsonkel der Nation“ belächelt. Zum Schreiben taucht er auf eine kleine dänische Insel ab, wo er ein Haus besitzt.

Der Autor Jan Christophersen hat einen ruhigen Roman hervorgebracht, der mit seiner gelassenen Atmosphäre punktet.

Thematisch spielt er mit dem Spagat zwischen privat gelebter Lebensrealität und behaupteter moralischer Instanz. Denn durch dieses moralische Thema ist der Schriftsteller Steen (im Roman) nicht mehr verkaufbar, wenn er nicht authentisch ist. Insofern ist er jederzeit angreifbar.

Schriftsteller in einem Buch finde ich generell schwierig.

Die Ehe des Autors Steen steht auf dem Prüfstand als er in eine doppelte Krise gerät: Seine Frau spielt mit dem Gedanken fremdzugehen und fühlt sich dabei im Recht, weil das Paar sich vor zwanzig Jahren das Versprechen gegeben hat, sich sexuell nicht einzuengen. Und auch in einer existenziellen Situation bezüglich Leib und Lebens muss Steen Entscheidungen treffen, die letztlich nicht seinem Credo von Anstand und Würde und Moral standhalten.

Insoweit ist es ein spannendes Thema, das sich Jan Chrisophersen vornimmt. Durchaus. Ich werde dabei an Philipp Roth erinnert.

Der Autor kann sehr gut mit Sprache umgehen und seine Sätze zu lesen, ist ein Vergnügen. Dennoch dümpelt der Roman gelegentlich vor sich hin, weil es zu wenig Handlung gibt und zu viel gedacht und philosophiert wird.

Zwar erschafft Christophersen viele interessante Konflikte, leuchtet sie aber nicht aus und biegt auch nicht ein auf die Fährten, die er selbst ausgelegt hat. Träume und Lektürepläne der Protagonisten interessieren indes die wenigsten Leser.

Fazit: Es ist schade, dass der Autor viele erschriebene Handlungsmöglichkeiten links liegen läßt, so das sein Roman schnell an Spannkraft verliert.

Kategorie: Unterhaltung
Verlag. Mare, 2019