Rezension

Spannender, komplexer Serienauftakt

Glutspur -

Glutspur
von Katrine Engberg

Bewertet mit 4 Sternen

Mit noch nicht einmal 30 Jahren hat Liv Jensen im Polizeidienst des dänischen Aalborg eine attraktive Stelle erhalten, auf die ältere – männliche – Kollegen ein Anrecht erheben. Liv wird gemobbt, wie eine Sekretärin behandelt und kündigt. Durch ihre überstürzte Rückkehr nach Kopenhagen lässt sie auch ihre Geliebte in Jütland zurück. Bevor Liv sich als Privatdetektivin etablieren kann, bittet Ihr Ausbilder und Mentor Petter sie um eine inoffizielle Recherche zu einem 3 Jahre alten ungeklärten Mord.  Damals war der Investigativ-Journalist Gert Linde tot zuhause aufgefunden worden. Obwohl Lindes Tätigkeit und sein Buchprojekt genug Motive bieten würden, ihn zu beseitigen, blieb der Fall ungelöst. Petter selbst steckt in den Ermittlungen zu einem aktuellen Mord an einer Museumsmitarbeiterin.

Liv zieht in die leer stehende Kellerwohnung bei Jan Leon und seiner Tochter Hannah; bereits ihr geliebter Großvater war mit den Leons befreundet. Hannah, die selbst als Therapeutin mit traumatisierten Patienten arbeitet, sucht im Privatleben nach dem Anlass, warum ihr bipolarer Zwillingsbruder Daniel sich nach seiner Entlassung aus dem Maßregelvollzug das Leben nahm, obwohl es ihm besser als je zuvor zu gehen schien. Daniel war für die Ermordung seiner Exfrau  verurteilt worden. Direkt neben der Leon’schen Villa hat der Iran-Flüchtling Nima eine Autowerkstatt für Oldtimer und ist mit Jan Leon befreundet. In einem weiteren Handlungsfaden bereitet 1943 ein Ehepaar Leon seine Flucht aus dem von den Deutschen besetzten Dänemark vor.

Während Hannah anhand der Patientenakten aus dem Maßregelvollzug die letzten Lebenstage ihres Bruders zu rekonstruieren sucht, führt Livs Ermittlung sie wieder nach Jütland zurück. Sie nimmt dort Spuren auf, die Petters Team vor 3 Jahren offenbar entgangen sind. Wie so oft, führt die Frage zum Ziel, wer von einer Tat profitiert, die Gelegenheit und die Mittel dazu gehabt hätte.

Mit wechselndem Focus in der Gegenwart auf Liv, Hannah, Nima, sowie Ebba und Mendel Leon (1934) knüpft Katrine Engberg ein dichtes Netz zwischen drei Todesfällen, zahlreichen Haupt- und Nebenfiguren. Die breite Einführung der Figuren und eine Ermittlerin, die erst am Anfang ihrer Karriere steht, weisen “Glutspur“ als Serieneinstieg aus. Der zweite Band „De hvide nætter“ erscheint gerade in Dänemark.

Mit dem kleinen Makel, dass Livs inoffizielle Ermittlung juristisch fragwürdig und weit hergeholt wirkt, ein spannender Fall vor historischem Hintergrund, der mich bis zuletzt fesseln konnte. Verglichen mit Engbergs Serie um Kørner/Werner, die ich zusätzlich sprachlich sehr ansprechend fand, verträgt Glutspur ein strafferes Korrektorat.