Rezension

Spannender Krimi vor historischer Kulisse

Eidergrab - Volker Streiter

Eidergrab
von Volker Streiter

Bewertet mit 5 Sternen

»Sie haben sie gefunden! … In der Marsch, da, wo der neue Weg von Tating nach Garding führt. Nackt soll sie in der Erde liegen, die Haare hat man ihr ausgerissen. Was für ein Monstrum tut so etwas?«

Amrum 1846. Die junge Dina Martensen wird von einer Nachbarin um Hilfe gebeten. Ihre Tochter, die als Milchmagd auf einem Hof in Eiderstedt arbeitet, ist seit Wochen spurlos verschwunden. Dina, die sich schon in der Vergangenheit als Hobbydetektivin bewährt hat, fährt nach Eiderstedt und macht sich auf die Suche. Dabei fallen ihr in kürzester Zeit drei Dinge auf: Die Kluft zwischen Arm und Reich ist immens. Die einfache Bevölkerung hat nicht das geringste Vertrauen in die Obrigkeit. Und es ist mehr als nur ein Mädchen verschwunden. Schon bald wird die erste Tote gefunden und ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt…

 

Dieses Buch hat ja mal wieder Spaß gemacht! Es bietet dem Leser eine spannende Krimihandlung vor historischer Kulisse, unterstrichen von Natur- und Landschaftsbeschreibungen, die – mal eindrucksvoll, mal düster – eine passende Atmosphäre schaffen.

 

Der Fall kommt ruhig daher, baut sich langsam auf und schafft es, den Leser immer wieder neu zu überraschen. Ich merkte, dass ich von der ersten Seite an begann, einzelne Personen zu verdächtigen, meine Schlüsse zu ziehen, zu spekulieren. So mag ich das! Sprache und Wortwahl passten zum zeitlichen Hintergrund und dass mir am Ende alles logisch erschien, rundete den Krimigenuss ab.

 

Bei den Charakteren gibt es neben der Hobby-Ermittlerin Dina, die ein für damalige Zeiten sehr selbstbewusstes Frauenbild transportiert, einen ebenfalls jungen Lehrer zu erwähnen, der als Kritiker der herrschenden Gesellschaftsordnung auftritt und einen sehr engagierten Gendarmen, der an mehr als einer Stelle Mut beweist. Die Seite der „fiesen“ Charaktere weist ebenfalls ein paar Charakterköpfe auf, denen man beim Lesen am liebsten etwas genauso Fieses an den Hals wünschen würde und ebenso erwähnenswert sind die Personen, bei denen man sich lange Zeit überhaupt nicht sicher ist, wie man sie wohl einordnen kann.

 

Ein Fokus liegt auch auf den Beschreibungen der gesellschaftlichen Ordnung. Zwischen Arm und Reich liegen Welten, auf der einen Seite gibt es Menschen, die als „Wohlgeboren“ tituliert werden und auf der anderen Seite solche, die im Armenhaus leben. Der Schulmeister Rose weiß, dass Bildung eine zwingende Grundlage für die Chance auf ein besseres Leben wäre, aber wie soll man die Eltern von der Notwendigkeit eines regelmäßigen Schulbesuchs überzeugen, wenn die Arbeitskraft der Kinder mithilft, das tägliche Überleben zu sichern?!

 

Vorne im Buch findet sich ein Personenverzeichnis, das einen guten Überblick über die Charaktere gibt. Interessant fand ich, dass einige historische Personen mit in die Handlung eingebunden wurden. Auf Husum trifft Dina beispielsweise einen gewissen Theodor Storm, dem ständig „wie aus dem Nichts hübsche Verse [einfallen]“. Außerdem gibt es eine Karte, die die damaligen Örtlichkeiten aufzeigt.

 

Dies ist nach „Das Geheimnis des Strandvogts“ der zweite Fall für Dina Martensen. Und obwohl ich Band Eins ebenfalls empfehlen kann, muss man ihn für das Verständnis dieses Buchs nicht gelesen haben.

 

Fazit: Spannender Krimi vor historischer Kulisse. Gerne mehr davon!

 

»Das ist alles, was ich bekommen habe«, stammelte der Knabe und hielt dem Mann das Geld hin. »Weil Blut dran war. Die Madame hat gesagt, wenn es beim nächsten Mal sauber ist, kann sie mir auch mehr geben.«