Rezension

Spannender Pest-Thriller

Patient Null - Wer wird überleben? - Daniel Kalla

Patient Null - Wer wird überleben?
von Daniel Kalla

Bewertet mit 4 Sternen

In Genua ist eine Frau schwer erkrankt. Schockiert stellen die Ärzt:innen fest, dass die Patientin an einer höchst aggressiven Form der Lungenpest leidet, die seit dem Mittelalter nicht mehr aufgetreten ist. Handelt es sich um einen natürlichen Ausbruch? Ist Bio-Terrorismus im Spiel? Es gilt Patient Null zu finden, weil nur damit das Schlimmste verhindert werden kann.

„Patient Null. Wer wird überleben?“ ist ein solider Medzin-Thriller, der mit den Schrecken der Vergangenheit in unserem modernen Rahmen spielt. Obwohl wir allesamt mittlerweile am eigenen Leib erfahren, wie es ist, von einer Pandemie gebeutelt zu sein, ist es noch einmal ein anderes Kaliber, wenn die Pest in Italien um sich greift.

Das Buch wurde im Jahr 2019 geschrieben und ich hatte es für 2020 auf die Wunschliste gesetzt. Bevor ich in der Realität damit konfrontiert wurde, habe ich mich allgemein für Viren, Krankheiten und Epidemien interessiert. Deshalb musste ich damals dieses Buch haben und es brauchte aufgrund der Ereignisse seine Zeit, bis ich es endlich gelesen habe.

Die Lektüre hat sich meiner Meinung nach gelohnt, weil Daniel Kalla einen spannenden und interessanten Thriller um die Pest in Italien geschrieben hat. 

Es beginnt mit einem ersten Krankheitsfall in Genua. Eine Bauarbeiterin wird ins Krankenhaus eingeliefert und rasch steht fest, dass sie an der Lungenpest stirbt. Die Mediziner:innen sind beunruhigt und bitten deshalb Dr. Alana Vaughn von der NATO um Rat.

Sie ist Expertin für Infektionskrankheiten und rasch ist klar, dass die Suche nach Patient Null in die Wege geleitet werden muss. Es häufen sich Fälle in Genua, aber auch Rom und Neapel sind bald betroffen. Handelt es sich um einen natürlichen Ausbruch oder ist es ein terroristischer Akt?

Alles in allem ist die Geschichte gelungen erzählt und solide aufgebaut. Es gibt zwei hauptsächliche Erzählstränge in der Vergangenheit und in der Gegenwart.

Im Jahr 1348 bricht die Pest in Genua aus und ein hiesiger Bader hält seine Erfahrungen schriftlich fest. Diese Perspektive fand ich höchst interessant, weil der Autor ein bedrückendes Bild von den Pestplagen im Mittelalter geschaffen hat. Neben dem Kampf gegen die Epidemie beschreibt er Einfluss und Stellung der Kirche, befremdlichen Weltanschauungen und die Verzweiflung, die um sich greift. Gestört hat mich der modern wirkende Sprachgebrauch. Ich denke nicht, dass damals so gedacht, gesprochen oder geschrieben wurde, wie es hier erzählt wird.

Die Gegenwart ist weniger bedacht, dafür umso spannender. Hierzu werden mehrere Perspektiven herangezogen und der:die Leser:in wird mehrmals in die Irre geführt. Dabei werden gegenwärtige Erkenntnisse über Contact-Tracing, Seuchenschutz und die Pest an sich eingebaut, während die Figuren an sich nicht immer überzeugen.

Die Charaktere sind typisch angelegt und es fehlt ihnen an Esprit. Protagonistin Dr. Alana Vaughn ist sozusagen ein Superhirn aus den USA, das den etwas unbeholfenen Europäer:Innen zeigt, wie der Hase läuft. Natürlich gibt es einen gut aussehenden italienischen Arzt, der von ihr um den Finger gewickelt wird. Allgemein liegen der attraktiven Expertin die Männer zu Füßen und sie hat - während sie den Ausbruch der Pest bekämpft - nur die Qual der Wahl.

Bis auf die glatte Ausrichtung der Figuren empfand ich es exzellent und spannend umgesetzt. Italienischer Flair wartet an allen Ecken und Enden, die katholische Kirche und Politik kommen nicht zu kurz, aktuelle Entwicklungen werden gelungen integriert und das Ende mochte ich, weil es eine etwas andere Richtung als offensichtlich nahm.

Meiner Meinung nach bietet „Patient Null. Wer wird überleben?“ interessante Hintergründe zur Pest und eine spannende Handlung auf Medizin-Thriller-Niveau.