Rezension

Spannendes Lesevergnügen vor kanadischer Naturkulisse

Die Schattenwölfin der Rocky Mountains -

Die Schattenwölfin der Rocky Mountains
von Natascha Birovljev

Bewertet mit 4 Sternen

Bei "Die Schattenwölfin der Rocky Mountains" handelt es sich um den vierten Teil der in Kanada spielenden Willow-Ranch-Reihe von Autorin Natascha Birovljev. Ich kannte die Vorgängerbände nicht, hatte aber auch als Quereinsteigerin keinerlei Verständnisschwierigkeiten, da es sich um eine in sich geschlossene Geschichte handelt. Zudem lernt man alle relevanten Figuren und ihre aktuelle Lebenssituation direkt zu Beginn kennen und kann sich fortan gut in die Perspektive der drei Hauptprotagonisten (Rosie, Woodwind und Cody) hineinversetzen.

Woodwind Jones lebt nun seit einiger Zeit wieder im Sunchild Reservat, ohne jedoch wirklich angekommen zu sein. Seine Arbeit in der Wildtierstation macht ihm Spaß, doch es widerstrebt ihm, sich in den Reservatsalltag einzufügen, da er das Gefühl hat, nur geduldet statt willkommen zu sein. Eine alte Schuld, für die er sich nicht vergeben kann, lastet schwer auf seinen Schultern und er treibt relativ orientierungslos durchs Leben. Obendrein hat es der Fiesling Jeremy Bull, der den Posten des Chiefs anstrebt, auf ihn abgesehen. Doch der weise Schamane Chinook stärkt Woodwind den Rücken und ermuntert ihn, sich in das gerade ins Leben gerufene Sommerprogramm für indianische Jugendliche einzubringen und die kürzlich ins Reservat zurückgekehrte Ayita zu unterstützen. Die schöne Frau scheint ebenso einsam zu sein wie er, wirkt recht verschlossen und hat eine dunkle Vergangenheit, über die sie nicht sprechen möchte. Ihr kleiner Sohn Wynono hat sogar ganz mit dem Sprechen aufgehört. Erst als Woodwind ihnen die Wölfin Kachina vorstellt, die sich bei ihm in Pflege befindet, scheinen Mutter und Sohn aufzublühen.

Rosie möchte gerne Pferdetrainerin werden – aber die Kosten für solch eine Ausbildung sind enorm. Ein unerwartetes Angebot ihres Ex-Freundes Calvin scheint die Lösung all ihrer Probleme zu sein, doch kann sie ihm trauen? Immerhin hatte er sie bereits während ihrer gemeinsamen Beziehung ständig belogen. Außerdem drängt sich ein alter Bekannter in ihr Leben (- der gerade aus Australien zurückgekehrte Feuerwehrmann Doug -), der keinen Zweifel daran lässt, dass er Interesse an Rosie hat. Und dann gibt es da noch den stets verlässlichen und herzensguten Nick, der Rosies Herz schneller schlagen lässt…

Cody trauert noch immer um seinen Bruder Scott, der sich das Leben genommen hat. Die Tatsache, dass Scott in den Augen seines Dads der Goldjunge gewesen war, während Cody es seinem alten Herrn nie recht machen kann, macht die Bekämpfung der aktuellen Probleme auf der Familienfarm nicht gerade leichter. Eigentlich wollte Cody immer schon mit Pferden arbeiten, nun wird von ihm erwartet, Milchfarmer zu werden. Soll er seine eigenen Träume wirklich zum Wohle des Familienfriedens aufgeben? Und wie wird das Wiedersehen mit Emma aus Deutschland verlaufen, mit der er sich durchaus eine gemeinsame Zukunft vorstellen könnte?

Überraschend spannend und höchst dramatisch entfalten sich die Ereignisse um die drei Figuren, die allesamt sehr realistisch und glaubwürdig ausgearbeitet worden sind. Cody, Rosie und Woodwind wirken wie aus dem Leben gegriffen, haben Ecken und Kanten, machen Fehler, sind einfach menschlich. Authentisch sind auch die herausfordernden Lebensbedingungen in dieser wunderschönen Region in die Story eingebunden worden - neben Lagerfeuerromantik und Naturverbundenheit werden auch Probleme wie die Perspektivlosigkeit und kulturelle Zerrissenheit junger Indianer, ihr Kampf um die Bewahrung der Traditionen, Alkoholismus und Depressionen angesprochen.

Ich war insbesondere von der im Prolog vorgestellten Legende der Cherokee begeistert, hätte im Laufe der Handlung jedoch noch gerne mehr über Wölfe im Allgemeinen bzw. die im Buchtitel erwähnte Wölfin gelesen. Leider nahmen diese anmutigen Tiere nur eine winzige Nebenrolle ein. Der Geschichte selbst hat dies allerdings keinen Abbruch getan; diese lebt von dem lebendig beschriebenen Setting, den mitreißenden Entwicklungen in den einzelnen Handlungssträngen und unerwarteten Wendungen, mystischen Elementen sowie überzeugenden, tiefgründigen Dialogen.

Fazit: Man spürt die Verbundenheit der Autorin mit jenem Land, in das sie vor einiger Zeit ausgewandert ist. Gerne spreche ich eine klare Leseempfehlung für alle Kanada-Liebhaber und Fans von indianischer Kultur aus.