Rezension

Spiel der Mächtigen

Sturm in die Freiheit -

Sturm in die Freiheit
von Jürgen Ehlers

Bewertet mit 5 Sternen

„...Walter Schellenberg stand vor dem Schachbrett in seinem Arbeitszimmer und bewegte die Figuren unschlüssig hin und her...“

 

Dieses Zitat steht stellvertretend dafür, dass sich eine Tatsache wie ein roter Faden durch die Geschichte zieht. Menschen werden wie Schachfiguren benutzt und gegebenenfalls aus dem Spiel geschmissen. Einer der Drahtzieher ist Walter Schellenberg, Abwehrchef und SS - General.

Wir schreiben das Jahr 1943. Wolf Littke war U – Boot- Kommandant und befindet sich nun in britischer Kriegsgefangenschaft. Er steht kurz vor seiner Hinrichtung, als ihm Craig Nicolls vom SOE ein Angebot macht. Er wird mit mehreren Männern in Ostpreußen abgesetzt. Sie sollen Hitler in der Wolfsschanze töten.

Der Autor hat einen spannenden und umfangreich recherchierten historischen Roman geschrieben.

Der Schriftstil ist ausgereift und passt sich den Gegebenheiten an.

Die internationale Mannschaft ist sehr inhomogen zusammengesetzt. Schnell stellt sich heraus, dass jeder sein eigenes Ziel verfolgt. Aaron - Jude, Journalist, Schwede – weiß, dass seine Zwillingsschwestern im KZ sind. Leszek ist Pole und Igor Weißrusse. Schon in der unterschiedlichen Nationalität liegt eine Menge Zündstoff.

Wolf selbst fällt seine Entscheidung nach seinem Gewissen. Das hat ihn auch während des Einsatzes als Offizier in Schwierigkeiten gebraucht. Außerdem ist er reichlich naiv, was die Arbeit im Untergrund angeht.

Von Anfang an ist nicht klar, ob der britische Geheimdienst wirklich mit offenen Karten spielt oder nur ein Himmelfahrtskommando nach Deutschland schickt.

Einer der Höhepunkt der Geschichte befindet sich relativ am Anfang. Das ist das Gespräch zwischen Wolf und dem Abwehroffizier.

 

„...“Warum töten Sie Adolf Hitler nicht selbst? Warum haben Sie es nicht schon längst getan?“ „Weil wir nicht an ihn herankommen. Die Wolfsschanze ist außerhalb der Reichweite unserer Bomber.“...“

 

Als Wolf die Bombardierung von Königsberg erlebt, sieht er diese Antwort plötzlich mit ganz anderen Augen.

Eingebettet in das Geschehen sind viele historische Fakten und Ereignisse. So erfahre ich einiges über den Venlo – Zwischenfall, die Geschichte Weißrusslands und die Vorgänge im KZ. Manches davon ist schwere Kost.

Obwohl es Wolf nicht wollte, ist er auf einen ehemaligen Schulkameraden angewiesen. Der mauschelt mit den Deutschen und den Briten, bereichert sich, wo es nur geht, und hofft nach dem Krieg ein bequemes Leben haben zu dürfen.

 

„...Für den Fall, dass das Dritte Reich doch keine tausend Jahre dauert, würde ich es begrüßen, wenn man mich am Ende nicht einfach aufhängt, sondern als Geschäftsmann und Partner in das neue System übernimmt...“

 

Für das Team um Wolf heißt es lange Zeit, dass sie geduldig warten müssen. Hitler ist nicht in der Wolfsschanze. Als dann alles geplant ist und nur noch der erste Schritt getan werden muss, ist die Widerstandsgruppe um Graf von Stauffenberg schneller.

Es gibt eine Facetten im Buch, die es aus der Masse herausheben. So spricht Wolf mit Hitlers Sekretär, die ein erstaunliches Bild ihres Chefs zeichnet. Noch interessanter finde ich Schellenbergs Gedanken, der sich fragt, warum sich Himmler mit der Rolle des ewig Zweiten zufriedengibt, obwohl er mit der SS alle Möglichkeiten in der Hand hat.

Ein umfangreiches Nachwort sowie ein Personen- und Ortsverzeichnis ergänzen das Buch. Auf den Umschlagseiten befindet sich jeweils eine Karte.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es zeigt erneut, wie wenig ein Menschenleben im Krieg zählt.