Rezension

Starker zweiter Band der viktorianischen Abenteuergeschichte

Stella Montgomery und der schaurige See von Wormwood Mire - Judith Rossell

Stella Montgomery und der schaurige See von Wormwood Mire
von Judith Rossell

Bewertet mit 5 Sternen

Stellas Tanten hatten sich wirklich Mühe gegeben, aus ihrer burschikosen Nichte eine vornehme junge Dame zu machen. Doch nun haben sie die Nase voll und schicken das Mädchen nach Wormwood Mire, auf den Stammsitz der Familie. Die drei Tanten und Stellas Mutter sind dort aufgewachsen. Das  Foto einer jungen Frau mit zwei Kindern hat Stella schon während der Reise aufgewühlt – sollte sie eine Schwester gehabt haben? Stella soll gemeinsam mit Cousin Theodor und Cousine Hortense von einer Gouvernante unterrichtet und erzieherisch zurechtgestutzt werden – für Stella eine schreckliche Vorstellung. Das Haus stand 10 Jahre lang leer und schon gleich bei ihrer Ankunft hört Stella munkeln, damals wäre etwas Schauriges passiert. Die Hausmeisterin Mrs Burdock würde die Kinder am liebsten keine Minute aus den Augen lassen.

Theodor interessiert sich für die komplizierte Haustechnik eines so großen Anwesens. Ihm lässt die Frage keine Ruhe, warum auf Wormwood ständig ohne Erfolg geheizt wird (Wo bleibt die Wärme?). Er ist überzeugt davon, dass es keine Ungeheuer geben kann, das wäre wissenschaftlich erwiesen. Stella ist sich da nicht so sicher. Hortense spricht nicht und hat eine enge Beziehung zu Tieren. Wer einen riesigen, aufdringlichen Albatros wie Henry im Haus hat, lernt schnell, sein aktuelles Buch stets mit einem großen Stein zu beschweren, damit Henry es nicht zerfetzt.

Miss Araminter, die Gouvernante,  lässt die Kinder die meiste Zeit in Ruhe, damit sie selbst sich mit der Pflanzenwelt des Anwesens beschäftigen kann.Stella kann darum in aller Ruhe ihre Nase in den Expeditionsbericht des alten Wormwood stecken. Der Vorfahr war Forschungsreisender und Sammler, so dass man sich auf dem Anwesen weder über Würgereben noch über giftige Tausendfüßler wundern sollte. Die Tanten wären entsetzt, wüssten sie, dass die Kinder gemeinsam nicht nur Geheimnissen im Haus auf die Spur kommen, sondern auch das Rätsel des Ungeheuers im See  zu lösen versuchen.

Auf Wormwood werden Kinder bei ihren Abenteuern nicht nur nass und schmutzig, sie werden auch  mit magischen Wesen und künstlichen Schöpfungen aus der Welt des Steampunk konfrontiert. Die drei Schüler und der Enkel des Hausmeisterpaars geben mit ihren unterschiedlichen Stärken ein tolles Team ab. Ich konnte mich nur schwer entscheiden, ob ich mich lieber mit Stella und ihrem Interesse für die gesamte Welt identifiziere oder mit „Es gibt keine Monster und keine Meerjungfrauen“-Theodor. Wenn am Ende der Buchdeckel über einem überraschend spannenden viktorianischen Abenteuer geschlossen wird, hat Stella verstörende Tatsachen über sich und ihre Herkunft erfahren.