Rezension

Superhelden

Oma lässt grüßen und sagt, es tut ihr leid - Fredrik Backman

Oma lässt grüßen und sagt, es tut ihr leid
von Fredrik Backman

Bewertet mit 4 Sternen

Mit seinem ersten Roman »Ein Mann namens Ove« hat sich der 1981 in Stockholm geborene Fredrik Backman mit klugem Humor und Weisheit in die Leserherzen weltweit geschlichen. »Oma lässt grüßen und sagt, es tut ihr leid« (OT: Min mormor hälsar och säger förlåt) wurde ebenfalls zum Bestseller und das obwohl diese Geschichte sehr viel schlichter daherkommt, zumindest wenn man einigen Kritikerstimmen Glauben schenkt. Ich für meinen Teil war fast genauso begeistert von der Lektüre wie ich es schon bei Ove war und das obwohl eine fast Achtjährige hier als Protagonistin agiert und ich mit Kindern in dieser Rolle oft so meine Probleme habe.

»Besonders zu sein ist die beste Art, anders zu sein.«

Elsa ist also sieben Jahre alt – fast Acht wie sie stets betont – und ihre titelgebene Oma ist 77. Die beiden sind beste Freundinnen, immer füreinander da und waschechte Nerds. Oma raucht, trinkt gern mal ein Gläschen, hat nicht immer politisch korrekte Ansichten und feuert auch schon mal mit dem Paintballgewehr vom Balkon aus auf ihre Mitmenschen. Grundsätzlich ist sie eben alles andere als konventionell, denn bevor sie Oma wurde, arbeitete sie als Ärztin in Krisengebieten und rettete zahllosen Menschen das Leben. Ihre Enkelin Elsa ist ein frühreifes, altkluges aber auch intelligentes und wissbegieriges Mädchen, das eine Wortdose besitzt und alles auf Wikipedia nachschlägt. Sie liebt Harry Potter, Marvel, ihre Oma und Märchen. Letztere erzählt ihr Oma immer, wenn sie zusammen auf Wolkentieren ins Land-Fast-Noch-Wach reisen. Dort kann sie ein Ritter sein und das Schloss beschützen, Abenteuer bestreiten und Königreiche bereisen. Im echten Leben hat es die Kleine schwer, denn sie ist ein Scheidungskind und wird in der Schule gemobbt. Doch mit Oma an ihrer Seite fühlt sie sich stark, denn Oma ist ihr Superheld.

»Eine Oma zu haben ist, als hätte man eine ganze Armee. Es ist das größte Privileg eines Enkelkindes, zu wissen, dass jemand auf seiner Seite steht, einfach immer, ohne Kompromisse. (…) Eine Oma ist ein Schwert und ein Schild, und ihre Liebe ist eine ganz besondere Liebe, (…) OMA IST IMMER IM TEAM ELSA.«

Doch auch Superhelden können sterben und Krebs ist nun mal ein A… . Elsa ist am Boden zerstört und droht sich in ihrer Trauer zu verlieren, wäre da nicht dieser Brief von Oma, mit dem sie das Kind auf eine geheime Schatzsuche schickt.

Leseeindruck

Was habe ich bei diesem Buch gelacht, geschmunzelt und geweint. Backman sagt so viel zwischen den Zeilen, trotz des einfach gehaltenen Schreibstils, der natürlich absolut passend zur jungen Erzählstimme gewählt wurde. Gerade diese ungewöhnliche, einfache und doch teilweise kryptische Sprache, die Omas Märchenwelt geschuldet ist – und natürlich die skurrilen Charaktere – machen den Charme des Romans aus. Die Schatzsuche offenbart Briefe, in denen Oma sich bei verschiedenen Leuten entschuldigt und Elsa wird so nicht nur zum Boten, sondern auch zum Bindeglied. Sie erkennt, wer ihre Oma wirklich war und wie die Menschen, die ihre Briefe posthum erhalten, zu ihr in Verbindung stehen. Elsa muss mutig sein und sich dem wahren Leben stellen, um ihren Platz in der Welt zu erobern, sie erfährt Schmerz aber auch Freude und Glück und sie gewinnt Freunde, begreift, dass man sich den Menschen öffnen muss, wenn man zurückgeliebt werden will.

»Denn das Leben ist beides: kompliziert und einfach.«

Es ist ein kluges Buch, auch wenn es oberflächlich betrachtet nicht den Anschein erweckt. Doch es ist diese Schlichtheit, hinter der sich viel Tiefgründigkeit verbirgt, die einen stark berührt, wenn man sich darauf einlassen kann. Sicher, einiges wirkt überspitzt und Elsa hier und da auch etwas zu reif aber nichtsdestotrotz die Geschichte funktioniert und die Aussage passt wie die die sprichwörtliche Faust aufs Auge.

»Nur Menschen, die anders sind, verändern die Welt, wer normal ist, bewegt kein Fünkchen.«

Fazit

Wem es gelungen ist, das Kind in sich zu bewahren und zu sich selbst zu stehen, der wird mit diesem Roman wirklich viel Freude haben. Für alle anderen ist er vielleicht eine Erinnerung, eine Aufforderung auf die Suche zu gehen. So oder so ist es eine bezaubernde, rührende, wunderbar lustige und dabei wahrhaftige, tiefgründige Geschichte, die lehrreich ist, zum Nachdenken anregt und noch lange nachhallt.