Rezension

Tagebuch eines Serienkillers

Totenstille im Watt - Klaus-Peter Wolf

Totenstille im Watt
von Klaus-Peter Wolf

Bewertet mit 4 Sternen

»Können Sie nicht mal mit ihm reden, Herr Doktor? (Keine Sorge, das werde ich!) Mein Mann, der ist gar nicht so. Der kann ein ganz herzensguter Mensch sein. Aber er hatte eine wirklich schwere Kindheit. Da sind ganz schreckliche Dinge passiert. Und er verträgt keinen klaren Schnaps…«

Jeder hat schon von solchen Fällen gehört oder kennt sie sogar aus dem Bekanntenkreis, der Nachbarschaft oder im schlimmsten Fall aus eigener Erfahrung. Diese toxischen Beziehungen, bei denen nicht selten einer der Partner und/oder die Kinder krankenhausreif geprügelt werden, gerne unter dem Einfluss von Alkohol, sich dies mit unschöner Regelmäßigkeit wiederholt und die Leidtragenden trotzdem nicht in der Lage sind, den Schläger zu verlassen, ihn sogar in Schutz nehmen und vor einer Strafverfolgung schützen.

 

Dr. Bernhard Sommerfeld, praktizierender Hausarzt in Norden, ist noch näher dran an den Opfern. Muss er sie doch regelmäßig verarzten, wenn sie mal wieder "die Treppe runtergestürzt" sind. Doch Dr. Sommerfeld, der in Wirklichkeit nicht so heißt und trotz guter medizinischer Kenntnisse auch kein Arzt ist, hat seine eigene Art, mit solchen nicht vom Gesetz zur Rechenschaft gezogenen Übeltätern umzugehen…

 

Nachdem ich den guten Doktor kürzlich mit „Ein mörderisches Paar“ kennengelernt hatte, wollte ich nun seine Geschichte von Anfang an lesen. Das Interessante an dem Buch ist die Perspektive, denn alles wird komplett aus der Sicht des Killers erzählt. Die Bezeichnung Tagebuch passt auch, denn er schreibt all seine Erlebnisse nieder und reflektiert sie dabei. So erfährt man hier genau, wie er zu dem wurde, der er ist und auch, was vor und während der Taten in seinem Kopf vor sich geht. Die aufgrund der Morde natürlich aktiven Ermittler, Ann Kathrin Klaasen und ihr Team, treten nur am Rand auf und stets weiß man über sie und ihr Tun nicht mehr als das, was Sommerfeld weiß.

Bei aller Sympathie, die ich zu meinem Erstaunen für den charismatischen Charakter entwickelt habe, ist doch ganz klar, dass er ein Psychopath ist, geplagt von fürchterlichem Lärm in seinem Kopf, sobald er mit miesen Typen konfrontiert wird. Ein unerträglicher Lärm, der nur nachlässt, wenn er für Ordnung sorgt. Er selbst empfindet sich als guten Menschen, als Retter und Interessenvertreter der Schwachen und bei seinen Aktivitäten hält er sich strikt an selbstauferlegte Regeln. Ein wirklich faszinierender Charakter, dessen Werdegang ich weiterfolgen werde.

 

Fazit: Dieser Killer ist ein wirklich faszinierender und charismatischer Charakter, ich werde weiterlesen.

 

»Es muss Regeln geben. Selbst für Rachefeldzüge oder Mord. Man möchte doch ein zivilisierter Mensch bleiben.«