Rezension

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Thomas Glavinic: Das größere Wunder

Das größere Wunder - Thomas Glavinic

Das größere Wunder
von Thomas Glavinic

Thomas Glavinics Roman ist klug und wunderschön.

Zu Beginn wartet Jonas im Basislager am Mount Everest auf den Aufstieg. Die erste Leiche wird vorbeigetragen. Viele Teams haben dort oben nicht mal das Nötigste an Ausrüstung.  Die dünne Luft macht alles zur Tortur. Warum tut Jonas sich das an?

In Rückschauen lernen wir nach und nach Jonas‘ Leben kennen.  Als Kind wächst Jonas  in schwierigen Verhältnissen auf; sein geliebter Bruder ist behindert und seine Mutter trinkt. Mit 10 Jahren kommen beide Jungen zur Familie von Jonas‘ Freund. Diese Familie ist reich, steinreich und allem Anschein nach hat  dieser Reichtum nicht immer auf legalen Wegen zur Familie gefunden. Aber das ist Jonas egal, denn in dieser Familie fühlt er sich aufgehoben. Die Kinder genießen eine ungewöhnliche Erziehung: „Es kamen Nobelpreisträger ins Haus, Olympiasieger, Fernsehstars, Schachgenies, Künstler, Politiker und Zauberer“.  Jonas ist glücklich, doch als Erwachsener muss er relativ schnell lernen, allein zurechtzukommen. Er bereist die ganze Welt, immer auf der Suche nach dem nächsten Kick. Er wandert ohne Karte auf dem Kilimandscharo, begibt sich  auf Inka-Pfaden nach Machu Picchu  und segelt zum Pazifischen Pol der Unzulänglichkeit (ja, den Ort gibt es wirklich). Jonas findet Freiheit, indem er Grenzen überschreitet. Er lernt die Welt kennen und sich selbst. Ich lese es und bin einerseits ein wenig neidisch, andererseits bewundere ich Jonas‘ Konsequenz und Mut. Doch bei allen Abenteuern ist Jonas so gut wie immer allein, so gut wie immer auch einsam. Bis er Marie trifft.

Für mich ist ein Kernthema dieses Romans, wie man im Leben seine Identität bewahren kann. Jonas sagt: „Ich will der werden, der ich bin … Ich glaube, man ist schon jemand …  Jeder ist jemand, und besser als das kann er nicht werden. Er kann nichts anderes werden, und wenn er es doch wird, ist er nicht glücklich.“ Am Ende scheint es, dass Jonas beides gelingt: sich selbst treu zu bleiben und glücklich zu werden.

Kommentare

Naibenak kommentierte am 30. Dezember 2014 um 21:44

Soeben habe ich dieses Buch zu Ende gelesen und ich bin absolut begeistert! Mein erster Glavinic und er berührt mich sehr, sehr tief! Wow!

Deine schöne Rezi sagt genau aus, was auch ich denke... Meine Rezension kommt dann ebenfalls bald. Muss erst einmal drüber schlafen ;-)

Sonja Fleischer kommentierte am 31. Dezember 2014 um 09:09

Freut mich, dass Dir das Buch (und meine Rezension) gefallen haben! Mittlerweile habe ich ncoh ein paar andere Bücher von Glavinic gelesen, die mir auch gefallen haben. Aber ich werde bestimmt noch mehr lesen.

Dir einen guten Rutsch!

Naibenak kommentierte am 31. Dezember 2014 um 09:12

Oh ja, ich werde auf jeden Fall nun auch mehr Glavinics lesen :-) Mal sehen, womit ich weitermache... Wenn Du einen guten Tipp hast, immer her damit ^^

Dir auch einen guten Rutsch!!!

Salome kommentierte am 18. Dezember 2015 um 10:40

Auch ich habe das Buch sehr genossen. Ich hab von ihm das Buch UNTERWEGS IM NAMEN DES HERRN auch gelesen, da geht es um eine Pilgerfahrt nach Medjugorje. Das war sehr lustig zu lesen! Man darf natürlich nicht selber solche Pilgerfahrten überbewerten, sonst ist man vielleicht gekränkt. Aber es war ganz witzig geschreiben und ist nicht sehr lang....