Rezension

Tiefgründige Charaktere gleichen stereotypische Idee aus

Und er steht doch auf dich - Rachel Harris

Und er steht doch auf dich
von Rachel Harris

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt:

Aly startet die Operation Sexappeal, um endlich von den Jungen als mehr als nur die Kumpelin wahrgenommen zu werden. Ihr Ziel: Mit Justin Carter, dem heißesten Jungen der Schule, auf den Homecoming-Ball zu gehen. Neben einem krassen Umstyling soll ihr bester Freund Brandon der Weg zu diesem Ziel sein, indem die beiden eine Scheinaffäre vortäuschen. Dumm nur, dass beide anfangen, Gefühle füreinander zu entwickeln - doch keiner von ihnen will ihre Freundschaft in Gefahr bringen ...

Meine Meinung:

Nach wenigen Seiten (oder alternativ dem Klappentext) glaubte ich die gesamte Story zu kennen und war jetzt schon entnervt. Doch ich lag falsch.
Ja, die Idee ist keine neue. Ja, es gibt keine überragenden Überraschungen. Dennoch nervte mich die Geschichte nie wirklich, gerade die Charaktere haben dazu beigetragen, dass mich das Buch unterhalten hat und dass es nicht einfach eine typische 0815-Teeniestory war.
Der wesentliche Unterschied ist vielleicht, dass die Geschichte abwechselnd aus zwei Sichten (jeweils aus der Ich-Perspektive) erzählt wird. Neben Aly erhält auch Brandon eine Erzählstimme, was der bekannten Idee eine neue Seite verleiht, denn so kann man als Leser mitverfolgen, wie auch der Kumpel allmählich mehr in dem Mädchen sieht.

Aly war mir sympathisch, sie will nicht direkt beliebt werden, sondern nur von den Jungen als weibliches Wesen wahrgenommen werden. Ganz authentisch knickt sie auf den ungewohnten High Heels um und bleibt sonst sich selbst treu. Beispielsweise isst sie viel, ohne sich deswegen den Kopf zu zerbrechen - sehr erfrischend. Da sie Sportlerin ist und auch sonst Kumpelin-Charakter hat, ist sie ziemlich locker, auch wenn sie durchaus auch ein Mädchen ist.
Sie hat Ängste und Sorgen, ist nicht direkt selbstbewusst, hat aber auch keine Minderwertigkeitskomplexe. Gerade ihre eigentlich zurückhaltende Art lässt ihre Operation Sexappeal so amüsant werden. Außerdem ist sie ein offener, empathischer Mensch, vielleicht in einigen Aspekten ein wenig unschuldig, doch nicht richtig naiv. Insgesamt hat sie eine ziemlich niedliche Art an sich, sodass ich sie gern haben musste.

Brandon ist wirklich süß, bereits am Anfang schlich er sich in mein Herz. Denn als Aly ihm ihr Ziel nennt, weckt sie damit in ihm den Beschützerinstinkt, denn Brandon macht zumindest gegenüber dem Leser keinen Hehl daraus, dass Justin eher der Aufreißer ist - stattdessen will er verhindern, dass Aly das Herz gebrochen wird.
Dabei ist Brandon neben Justin auch der heißeste Junge der Schule und außerdem ebenfalls der typische Aufreißer, der aus Angst vor emotionaler Bindung keine feste Beziehung eingehen will. Ziemlich untypisch für den Kumpel der Protagonistin, und etwas, was ihn sehr vielschichtig macht. Der Leser lernt seine Hintergründe für sein Verhalten kennen, aber auch den daraus und durch die erwachenden Gefühle für Aly entstehenden Konflikt.

Aber auch andere Charaktere verbergen eine gewisse Vielschichtigkeit und so überraschte mich die Autorin damit, wie wenig Schwarz-Weiß manche Charaktere sind. Zwar lassen sich auch hier Stereotypen ausmachen - der heiße, reiche Schulschwarm, die Zicke -, doch unter anderem dadurch, dass Brandon mit Justin befreundet wird, wird deutlich, dass Justin nicht in allen Bereichen unbedingt ein schlechter Mensch ist.
Im Gegensatz zu vielen Protagonisten hat Aly auch ein funktionierendes Familienleben mit einer fürsorglichen Mutter und auch Brandons Mutter war mir sehr sympathisch.
Über Alys beste Freundinnen Gabi und Kara erfährt man nicht allzu viel, dennoch wird auch hier auf unnötigen Zickenkrieg verzichtet, und auch wenn die beiden nicht mit allem zufrieden sind, was Aly macht, stehen sie doch hinter ihr.

Generell werden einige überflüssige Dramen vermieden und manche Dinge nahmen nicht ganz die Wendung, die ich erwartet hatte, was mich ebenfalls positiv überrascht hat. Der Fokus der Geschichte liegt zu meiner Freude nicht auf die Anmache an Justin, sondern auf den entstehenden Funken zwischen Brandon und Aly und dem daraus resultierenden Konflikt, da keiner von beiden die Freundschaft riskieren will. 
Das Buch ist eine typische süße, lockere Liebesgeschichte für Zwischendurch, die mich sehr unterhalten hat.

Fazit: Süße, lockere Liebesgeschichte für Zwischendurch, bei der die stereotypische Idee durch tiefgründige, oftmals sympathische Charaktere ausgeglichen wurde und durch die Erzählweise aus der Sicht des unglaublich süßen Kumpels eine neue Seite erhält