Rezension

Tolle Idee, leider ohne Spannung ausgeführt

Johannes Cabal, Seelenfänger - Jonathan L. Howard

Johannes Cabal, Seelenfänger
von Jonathan L. Howard

Bewertet mit 2.5 Sternen

Story und Charaktere:

Johannes Cabal steckt in einer schwierigen Situation. Zugunsten seiner Totenbeschwörerfähigkeiten hat er seine Seele an den Teufel abgetreten und die braucht er jetzt unbedingt zurück. Er macht sich also auf den Weg in die Hölle, wo die Seelen der Verstorbenen in einer endlosen Schlange vor dem Einlass stehen und massenweise Papiere ausfüllen müssen. Beim Teufel angelangt, handeln die beiden einen Vertrag darüber aus, wie Cabal seine Seele zum Zwecke der Forschung zurückerlangen kann. Er soll dem Teufel innerhalb eines Jahres 100 andere Seelen für seine bringen, sonst gehört Cabals Seele für immer ihm.. Zur Unterstützung erhält er einen in der Hölle ausgemusterten Jahrmarkt der Kuriositäten, der ihm die Sache erleichtern soll. Durch seine Totenbeschwörerfähigkeiten hat er auch schon bald das passende Personal zusammengestellt. Mit seinem Bruder Horst macht er die Besatzung komplett. Ab jetzt beginnt eine turbulente Zeit, die nur eines zum Ziel hat: genug Seelen für den Teufel zu sammeln. 

Johannes Cabal ist schon äußerlich ein sehr auffälliger Typ. Er ist sehr schlank, ziemlich blass, trägt durchweg einen schwarzen Anzug sowie eine schwarze Sonnenbrille und hält seinen Spazierstock mit verborgener Klinge immer griffbereit. Der Ausdruck auf seinem Gesicht ist meistens derselbe: entweder strahlt es Gleichgültigkeit, Missmut oder Langeweile aus. Menschliche Gefühlsregungen, die sich mit dem Fröhlich- und Glücklichsein befassen, ruft er nur auf Knopfdruck ab, indem er sich daran erinnert, welche Muskeln er für welchen Ausdruck braucht. Sein Charakter passt zu seinem äußeren Erscheinungsbild. Er ist sehr kühl, von sich selbst eingenommen und hat eine Art an sich, die von sarkastisch bis morbid reicht. Die Sache mit den 100 Seelen findet er absolut lästig und überlässt deshalb zu einem großen Teil seinem Bruder Horst die Regie. Dieser scheint das genaue Gegenteil von Cabal zu sein. Er weiß wie man sich amüsiert, sodass man ihm den Posten einer Jahrmarktsleitung direkt abnimmt. Im Gegensatz zu seinem Bruder, hat er eine menschliche Seite an sich, obwohl er, im Gegensatz zu seinem Bruder, gar nicht mehr so menschlich ist. 
Ein Duo, das also gegensätzlicher nicht sein kann und bei dem man beim Lesen auf jeden Fall mehr mit Horst, als mit Cabal sympathisiert. 

Die Nebencharaktere sind zum Teil ganz gut ausgearbeitet worden, zumindest soweit, dass man sich ein gutes Bild von ihnen machen kann. Das betrifft vor allem diejenigen Charaktere, die am Jahrmarkt beteiligt sind. Andere jedoch sind so blass, dass man sich schon nach ein paar Seiten nicht mehr an sie erinnert, was sehr schade ist. 

Die Geschichte selbst hat mir in ihren Grundzügen ganz gut gefallen, die beiden Hauptcharaktere brachten mich immer wieder zum Schmunzeln, aber die Nebenrollen sind mir nicht greifbar genug. 

Was mir besonders gefallen hat: 

„Seelenfänger“ ist ein Buch ganz anderer Art. Ich habe soetwas bisher noch nicht gelesen und mich damit auf etwas Neues eingelassen. Das bekommt bei mir schon deshalb einen Pluspunkt, weil ich es mittlerweile sehr schwierig finde, keine abgegriffenen Thematiken zu erwischen. Ein Totenbeschwörer der den Tod erforscht um ihm ein Schnippchen zu schlagen ist mir jedenfalls bisher nicht begegnet. 

Der Humor dieses Buches ist kein einfacher. Wer dieses Buch in die Hand nimmt, sollte es nicht als einfachen Zeitvertreib für zwischendurch ansehen und das Buch auch nicht nebenbei lesen. Dazu gibt einfach zu viele Zwischenzeiler, Spitzen, Andeutungen und sarkastische Untertöne, die man beim Überfliegen des Textes leicht übersehen kann. 
Anfangs war der Schreibstil mit diesem starken Mix an Ironie, Sarkasmus, Zynismus und morbidem Unterton sehr gewöhnungsbedürftig für mich, ist es aber doch genau dieser, der dem Buch seinen Reiz verleiht. Außerdem passt er sehr gut zu dieser absolut aberwitzigen, skurrilen Handlung und den düsteren Charakteren. 

Was mir nicht so gut gefallen hat: 

Trotz toller Idee und den beiden sehr gut gelungenen Hauptcharakteren konnte mich die Geschichte um Cabal letztlich nicht durchgängig packen. Das liegt vor allem am Spannungsbogen, der irgendwann einfach nur noch gradlinig weiterverläuft, ohne jemals eine wirkliche Spitze zu erreichen. Neben der wenig bis gar nicht vorhandenen Spannung, fehlte mir auch irgendwann der Schwung, sodass die letzten 100 Seiten dann doch eher an mir vorbeiplätscherten. Die Idee des wandernden Seelenfängerjahrmarkts wurde leider nicht wirklich ausgereizt, begleitet man die beiden Brüder doch mehr beim Umherziehen als beim Fangen der Seelen, um die es schließlich geht. Es gab mir im Endeffekt zu viel Drumrum und zu wenig Haupthandlung. Ich hoffe, dass sich dies mit Band zwei ändert, denn der steht bereits in meinem Regal. 

Gestaltung:

Das Cover ist ein absoluter Hingucker und hat mich überhaupt erst auf diese Reihe aufmerksam gemacht. Passend zum Inhalt ist es sehr düster, nur der rote Banner mit Cabals Namen sticht hervor.  Im Mittelpunkt des Covers steht eine Lokomotive, auf der vorne der eine schwarz gekleidete, blasse Figur zu sehen ist, die man eindeutig als Cabal identifizieren kann. Um die Lokomotive herum sieht man teile von Sträuchern ohne Blätter, die mich vom Stil her sehr an Tim Burton erinnert haben. 

Wertung:

Trotz faszinierender Idee und anspruchsvollem Schreibstil konnte mich dieses Buch nicht wirklich überzeugen. Die beiden Hauptcharaktere haben mir sehr gut gefallen und auch das Cover ist wahrlich ein Hingucker. Es scheitert einzig an der Umsetzung der Idee zu einer spannenden Geschichte. Für Fans des schwarzen Humors ist dies vielleicht genau das Richtige, für mich jedoch fehlte der Funke, der mich ans Buch fesselte. Deshalb vergebe ich an den ersten Band der Cabal-Reihe 2 ½ Lila-Lesesterne.