Rezension

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Tolle Unterhaltung für nichtstrenge Leser

Operation Jerusalem - Jörg H. Trauboth

Operation Jerusalem
von Jörg H. Trauboth

Bewertet mit 2.5 Sternen

Die Hintergrundidee dieses Thrillers ist bestechend, und es geht gleich beeindruckend mitreißend los.

Der amerikanische Präsident George F. Summerhill , parteienlos, interessiert sich nicht für außenpolitische Machtpolitik, weswegen der Einfluss der USA in der Welt kleiner geworden ist.
Sein Sohn David, als Berater im Weißen Haus tätig, träumt von einem araberfreien Israel und hintergeht mit der Planung seinen Vater.
Als es in Amerika zu antisemitischen Anschlägen kommt, wird dem Leser offenbar, dass aus dem Iran genau der entgegengesetzte Plan verfolgt wird.
Summerhill gerät zwischen die Fronten und sein wundester Punkt wird angegriffen: Seine Famile.

Schon das erste Kapitel ist sehr mitreißend; wir sind beim Sohn des Präsidenten und beobachten ihn genau. Was hier noch nach gelungenem Aufbau klingt, ist Anfang des zweiten schon überraschend anders!
Es geht also richtig gut los, die Personen werden geschickt eingeführt, ohne den Leser damit zu überfordern. Die Handlung ist temporeich, ohne zu fliegen: Sehr gute Spannungsbögen.

Doch irgendwann beginnen sich Nachlässigkeiten einzuschleichen.
Fast scheint es, als hätten Autor und Lektor vor lauter Spannung nicht mehr so viel Obacht gegeben:

„Bist du auch seekrank, Liebes?“ „Nein, du weißt doch, ich muss an unser Baby denken![...]"
Das beeindruckt dann wohl, dass jemand, der beruflich auf dem Meer unterwegs ist, vor lauter Denken ans Kind keine Übelkeit zulässt?

Dimitri hatte sich vom Monitor abgewandt, als er sah, wie SAPOT wie ein wildes Tier seine Frau nahm, mit einem verächtlichen Gesicht die Kabine verließ und wie die verängstigte Jelly Bean hinaus flüchtete. Er sieht viel, während er sich abwendet. Andere Menschen müssten hinsehen, um all das wahrzunehmen.

 

Die Handlung fesselt weiterhin. Ein Elitekampftrupp macht sich auf, die entführte Familie des Präsidenten zu befreien, jeder Handgriff wird minutiös geplant, nichts dem Zufall überlassen, und dann springt das Flugzeug erst nach Trickserei an, das Satellitennavi fällt aus und zum Schluss geht noch einer der Scooter kaputt – nach einem Haiangriff.

Mir ist das zu viel; die Glaubwürdigkeit des Thrillers beginnt zu bröckeln.
Da auf das Glossar verzichtet wird, aber einige Abkürzungen nicht erklärt werden (für Sätze wie "Wir ham da noch wat mitjebracht" des Berliners Ale hingegen gibt es übersetzende Fußnoten), fühle ich mich irgendwann abgehängt. Wir rasen ins Finale, es geht gut aus, oh, das war noch gar nicht das Ende!
 

Am Schluss verliert sich das Tempo, und zwar in dem Sinne, dass es heißt „Noch eine Stunde bis“ [zur OP] und keine zwanzig Zeilen weiter sitzen wir quasi mit auf der Bank vor dem OP-Raum und noch eine Zeile weiter sind zwei Stunden OP vorbei.
Da wird im Krankenhaus dann mal schnell die Schiffsärztin zur Gynäkologin und darf die Geräte nutzen?, weiß allerdings nicht, dass in der Frühschwangerschaft nicht von der Bauchdecke aus geschallt wird...

 

Ein Verletzter der Elitekampftruppe erhält von seinen Kollegen einen Bildband. Die haben tatsächlich, während es um Leben und Tod ging, Fotos gemacht, sogar festgehalten, wie er zum Schluss ein Hündchen rettet. Inzwischen ist nicht mehr Ale der Berliner, sondern Thunder, ein anderer der Kämpfer.

 

Ein großer Pluspunkt des Buchs ist, dass die Personen (vor allem der amerikanische Präsident, die deutsche Kanzlerin) so gar nichts mit den realen Personen zu tun haben. Es fällt damit leichter, sich auf das Geschehen einzulassen, weil man nicht innerlich Querverweisen folgt, die nirgendwohin führen. Die andere große Stärke ist die extreme Spannung, die aufgebaut wird, die einen ins Buch hineinzieht.
Und die bis fünfzig Seiten vor Schluss auch hält, was sie verspricht.