Rezension

Toller Schreibstil - Mir persönlich aber zu viel Gewalt

Angst um Alafair -

Angst um Alafair
von James Lee Burke

Monana - USA - Gewalt - Sozialkritik - Sozialkritik in Krimis - Superreiche in den USA - Korrupte Polizei - Gewalt im Alltag - Scheitern - mangelnde soziale Absicherung - Dave-Robicheaux-Krimis

"Wir haben Montana immer den 'letzten guten Ort genannt". Jetzt ist es wie überall anders auch. " (S. 37).

Diesmal spielt das Buch nicht im schwül-heißen Louisiana, wie die frühen Dave-Robicheaux-Krimis, sondern im imposanten, landschaftlich wunderschönen Montana. Aber auch hier ist der Niedergang der USA offensichtlich. So wirkt es jedenfalls in diesem Roman (und es wird durch die Nachrichten nicht gerade widerlegt). Eine Gesellschaft voller Gewalt, Exzesse, Alkoholsucht, Rauschgift und voller kaputter Typen, die mit ihrem Leben nicht klarkommen und noch mehr kaputt machen. Dazu gewissenlose Superreiche und Polizisten, die auch nur Menschen sind bzw. tendenziell korrupt oder komplett frustriert von der ganzen Gewalt in ihrem Alltag.

So liest sich dieser Band der Krimireihe "Angst um Alafair" von James Lee Burke. Alafair ist die Adopivtochter des Kriminalpolizisten Dave Robicheaux, der selbst ein äußerst bewegtes Leben als Alkoholiker hinter sich hat. Normalerweise ermittelt er in Louisiana, diesmal ist er auf Urlaub bei einem Freund in Montana, mit Tochter und seinem Freund Clete sowie dessen Tochter Gretchen, die ebenfalls eine komplett kaputte Kindheit hatte.

Schon mal keine guten Voraussetzungen für einen Cosy-Crime. Das hatte ich auch nicht erwartet. Ich kenne ein paar der früheren Robicheaux-Romane und einen Texas Roman von James Lee Burke und weiß, dass hier harte Sachen passieren und der Kern immer die Sozialkritik ist. Dazu schreibt Burke phantastisch gut, plastisch, bildhaft und irgendwie zieht mich das normalerweise in einen Sog. Diesmal hat das nicht funktioniert. Dazu war vieles zu hart, zu gewalttätig und irgendwie war nicht genügend Positives da. Sozialkritik in Krimis soll eigentlich auf Missstände hinweisen, um damit Dinge zu ändern, Besserungen zu erreichen.

Das habe ich hier nicht gespürt. Der Autor hat die USA als komplett verrohte Gesellschaft dargestellt. Besserung? Ziemlich unwahrscheinlich. Wahrscheinlich hat der Autor recht. So ergeht es Staaten und Gesellschaften, die zu wenig soziale Absicherung, zu viel Ellbogenmentalität und ein seltsames Verständnis von "Freiheit" haben, die hier meist eher die Freiheit des Scheiterns bedeutet.

Habe ich mich die ersten 200 Seiten noch in den Sog der Erzählung ziehen lassen, habe ich die nächsten 250 dann nur noch quergelesen und dann aufgegeben. Ich konnte es nicht mehr ertragen. Es war mir zu negativ. Dafür kann der Autor ja eigentlich nichts, da es sicherlich realistisch ist. Aber mit den ganzen Problemen, die der Alltag in Deutschland so bringt, konnte ich mir das nicht antun. Und nein, die Auflösung wollte ich icht wissen. Die ist bei den James-Lee-Burke-Krimis nämlich gar nicht so wichtig.

Ich werde weiter Burke lesen, allerdings zunächst einmal die früheren Romane aus Louisiana. Mit ihrem schwül-heißen-stimmungsvollen Setting der Südstaaten. Als Dave Robicheaux zwar schon ziemlich gezeichnet war, sich aber noch wirklich für Lösungen einsetzte oder an die Menschlichkeit (zumindest ein wenig) glaubte.