Rezension

UNSYMPATHISCHE HAUPTFIGUR, SONST TOLL

Du irgendwo -

Du irgendwo
von Kira Mohn

Bewertet mit 2.5 Sternen

Seufz. Dieses Buch konnte mich leider nicht überzeugen, dabei wollte ich es so gerne lieben. 

Ein Roadtrip. Ein traumhaftes Setting. Eine vielversprechend klingende Familiendynamik, aus der spannungstechnisch so viel rausgeholt hätte werden können. Und natürlich ein bisschen was fürs Herz. … Das klingt doch im Grunde nach einer richtig tollen Mischung, oder?

Sagen wir's mal so: All die positiven Aspekte des Romans - interessante Grundidee, angenehmer Schreibstil, zufriedenstellende Auflösung am Ende - wurden von einem heftigen Negativfaktor überschattet … der weiblichen Hauptfigur, aus deren Perspektive erzählt wird. 

Von Anfang an dachte ich nur: "Och nö. Die verhält sich ja furchtbar. Hoffentlich wird das besser." Spoiler: Wurde es nicht. Victoria verhält sich zu Beginn ebenso wie im weiteren Verlauf der Story schlichtweg unerträglich - herzlos, selbstbezogen/egoistisch, unreif, undankbar und einfach unsympathisch. Diese Tatsache machte das Mitfiebern mit ihr für mich quasi unmöglich. 

Natürlich verstehe ich, dass man zunächst mal geschockt, verwirrt, sauer etc. reagieren kann, wenn man zufällig erfährt, dass man adoptiert worden ist und die leibliche Mutter jede eventuelle spätere Kontaktaufnahme ausdrücklich abgelehnt hat. Aber Vic, die bis dahin ein gutes, liebevolles Verhältnis zu ihren Adoptiveltern gehabt hatte - im Gegensatz zu Jacks Familiensituation, die tatsächlich ein nachvollziehbarer Grund zur Verbitterung gewesen wäre - führt sich dermaßen schlimm auf, dass ich sie am liebsten geschüttelt hätte. Ihre (Adoptiv-)Eltern lieben sie, haben immer in ihrem Interesse gehandelt und kaum dass Vic erfährt, dass keine Blutsverwandtschaft zu ihnen besteht, scheinen all die gemeinsamen Momente, die Kindheitserinnerungen und die Nähe zu diesen zwei Menschen von Knall auf Fall wertlos zu sein. Auch dem selbstlosen Jack gegenüber bekleckert sie sich häufig nicht gerade mit Ruhm; ihr übertriebenes Verhalten gegenüber ihren Eltern wirkte angesichts seiner (in meinen Augen deutlich schlimmeren) Familiensituation ziemlich gedankenlos. Seine Figur blieb unterm Strich leider einen Hauch zu blass, doch zumindest mochte ich  ihn mehr als sie.

Das hübsche, mit einem glitzernden Schriftzug versehene Cover versprach mir eine malerische Kulisse - dieser Aspekt wurde definitiv erfüllt.

Fazit:

Schreibstil: top, aber bei unsympathischen Hauptfiguren bin ich raus, da kann ich einfach nicht aus meiner Haut. Kurzum: Das vorliegende Werk war zwar in puncto Charakterzeichnung nicht mein Fall, doch der Erzählton gefiel mir so gut, dass ich auf jeden Fall weitere Bücher der Autorin kennenlernen möchte - ihre Leuchtturm-Trilogie klingt sehr reizvoll. Von mir gibt es aufgrund der schönen Settingbeschreibungen eine Empfehlung für Schottland-Fans.