Rezension

Verflucht oder einfach nur vom Schicksal gebeutelt ?

Der Fluch der Zuckerinsel - Nora Berger

Der Fluch der Zuckerinsel
von Nora Berger

Bewertet mit 5 Sternen

Die Familien der benachbarten Zuckerrohrplantagen de Castellin und de Montargis sind schon seit Ewigkeiten miteinander zerstritten. Dieser Zustand konnte aber weder Léon (de Montargis) noch  Annabelle (de Castellin) davon abhalten sich ineinander zu verlieben.

Léon interessiert sich sehr für die Kunst des Heilens und studiert Medizin in Paris –gegen den Willens seines Vaters. Er steht kurz vor seinem Abschluss, verbringt gerade seine studienfreie Zeit auf Martinique und muss nun nach Paris zurück um die letzten Prüfungen zu absolvieren.

Léon ist bei seinem Vater in Ungnade gefallen weil dieser keinen Sinn in einer medizinischen Ausbildung sieht, Annabelle soll aufgrund der finanziellen Situation der Plantage gegen ihren Willen mit dem wohlhabenden Sklavenhändler Venancio Ramazon verheiratet werden.

Als Léon nach Paris abreist beginnt „Der Fluch der Zuckerinsel“

Mein Fazit:

Zuerst einmal möchte ich bemerken, daß ich das Cover des Buches sehr gelungen und ansprechend finde.

Die Autorin Nora Berger wirft den Leser sofort ins Geschehen hinein. Man erlebt gleich hautnah mit wie Annabelle von einer Lanzenotter gebissen wird und Léon sein medizinisches Wissen unter Beweis stellen kann.

Aus den Gesprächen der Beiden ist zu erfahren, dass ihre Liebe unter keinem guten Stern steht. Die Familien der Plantagenbesitzer sind seit Jahren zerstritten, eine Verlobung oder gar Hochzeit würde keine Zustimmung finden. Aber bevor an eine Verlobung auch nur zu denken ist, möchte Léon gerne seine medizinische Ausbildung zum Abschluss bringen. Annabelles Familie hat jedoch ganz andere Pläne was ihren Ehemann betrifft.

Leider gibt es innerhalb des Buches keine Angabe darauf, in welchem Jahr wir uns gerade befinden. Das ist ein kleiner Minuspunkt den ich gerne anmerken möchte. Für den Lesegenuss ist das nicht wirklich wichtig, fällt mir aber auf. Lediglich in einem Satz von Annabelle wird erwähnt, daß der Code Noir, die Wiedereinführung der Sklaverei in den französischen Kolonien durch Napoleon gerade in Kraft getreten ist. Es müsste sich also um die Zeit gegen 1802 handeln.

So hab ich dann auch gleich den Übergang zum Thema Sklaverei gefunden.

Dass dieses Thema kein schönes und nettes Thema ist, wissen wir vermutlich alle. Viele Jahre wurden Menschen von Menschen gequält, gedemütigt und benutzt, um nicht zu sagen missbraucht. Der Missbrauch war sowohl körperlich in Bezug auf die Arbeitskraft, als auch oftmals sexueller Natur. Der Code Noir, der die Sklaverei in den französischen Kolonien billigte, war ganze 163 Jahre gültig. Schrecklich.

Die Autorin Nora Berger hat das Thema sehr gut verarbeitet. Wir werden einerseits Zeuge wie rüde und brutal der Aufseher Crowling mit den Sklaven der Plantage der Familie de Castellin umgeht, andererseits lesen wir wie gut die Sklaven im Haushalt behandelt werden. Der Gesamtzustand war jedoch für diese Menschen irgendwann nicht mehr zu ertragen und eines Tages formierten sich die Sklaven auf Martinique zu einem Aufstand und von den Zuckerrohrplantagen blieben nur noch Schutt und Asche .....

Bis zu diesem Zeitpunkt spielt die Handlung des Buches auf Martinique – als dort alles in Trümmern liegt, verlagert sich die Handlung nach Paris.

Um ihr Leben zu retten und ihren Liebsten Léon zu suchen flüchtet Annabelle während des Sklavenaufstandes mit ihrer Freundin Émilie (und Halbschwester von Léon) nach Paris. Mit im Gepäck haben sie die neugeborene Tochter der verstorbenen Sklavin Leila, die Annabelles Nichte ist und Shalima, die sie als Amme für Sarah mit auf die Überfahrt nehmen.

Auch die Zustände in Paris werden von der Autorin nicht beschönigt. Die 4 leben in einer kleinen heruntergekommenen Wohnung und müssen dem Leben jeden einzelnen Tag abringen. Und dann bekommt Annabelle die Chance ihres Lebens.

Annabelle ist eine hübsche Frau und so macht sie auch die eine oder andere Herrenbekanntschaft, sogar ein Fürst buhlt um ihre Liebe – aber Annabelle kann Léon nicht vergessen.

Werden sie sich wiedersehen ??

Im Laufe dieses Buches sterben sehr viele Menschen.
Sicherlich hätte die Autorin auch andere Lösungen finden können jemand unbequemes aus dem Weg zu räumen, aber für mich hat es so gepasst.

In unserer Leserunde habe ich das Buch „bezaubernd“ genannt und genau so finde ich es auch immer noch nachdem ich alle Seiten gelesen habe. Es hat genau meinen Geschmack getroffen.

Das Ende ist zwar in sich abgeschlossen, lässt aber durchaus Raum für einen 2. Teil.