Rezension

Verrückt wie ein tollwütiges Eichhörnchen

Schlechtes Chili - Joe R. Lansdale

Schlechtes Chili
von Joe R. Lansdale

Bewertet mit 4 Sternen

Hap kehrt von einem Job auf einer Bohrinsel nachhause zurück, und schon fangen die Probleme an. Sein Freund Leonard ist in einem Mord verstrickt.

Die Reihe um Hap und Leonard steht in erster Linie für Hau-drauf-Mentalität, sodass rundherum alle Sterne sehen. Ganz im Wild-West-Style geht das einzigartige Duo sein viertes Abenteuer an. Diesmal wird Leonard des Mordes verdächtigt, was Hap nicht so stehen lassen kann. Er sucht seinen Freund, und gemeinsam ermitteln sie in dem Fall.

Obwohl Hap und Leonard schon aus ihrer Vitalität heraus das blühende Leben sind, kommen Zweifel in der Lebensführung auf. Beide sind nicht mehr die Jüngsten und haben sich bisher nicht viel aufgebaut. Leonard rinnt die letzte Beziehung unter den Fingern davon, und Hap fragt sich, wohin ihn sein Weg überhaupt führen soll.
„Ich habe das Gefühl, als wäre mein Leben vergiftet worden. Ich komme von einem beschissenen Job nach Hause, werde von einem tollwütigen Eichhörnchen gebissen, meine Krankenversicherung ist für den Arsch, und mein bester Freund wird des Mordes beschuldigt.“ (S. 297)

Die Gefühlslage der Protagonisten könnte unterschiedlicher kaum sein. Bei Leonard lodert die Wut im Blick und er macht mit seinem Temperament dem Teufel in der Hölle Konkurrenz. Hap hat sich zwischenzeitlich auf Wolke Sieben verzogen, wo seine Augen herzförmig geworden sind. 

Dennoch ist es besonders Hap, dem die Midlife-Crisis winkt: 

„Es war eine ziemlich traurige Situation. Ich war Mitte Vierzig und hatte keinen richtigen Job, keine Rentenversicherung, eine lausige Krankenversicherung und einen Eichhörnchenbiß im Arm." (S. 187)"

Wie bei der Reihe gewohnt, erfährt man das einfache Leben im Osten von Texas. Gelegenheitsjobs, Kriminalität und Verbrechen prägen das Bild, das man als Leser davon erhält. 

Gleich zu Beginn lädt Lansdale herzlich zum Lachen ein. Es gibt wenige Schriftsteller, die ernste Situationen derart trocken und mit schwarzem Humor schildern, dass sofort die Mundwinkel nach oben zucken. Man steigt mitten in den Angriff eines Killer-Eichhörnchens ein, das mir jetzt noch - beim Gedanken daran - Tränen in die Augen treibt.  

Wer Lansdale liest muss sich auf derbe Ausdrücke, teilweise pubertäre Anspielungen und einen äußerst trashigen Sprachgebrauch gefasst machen. Allerdings schafft er es meiner Meinung nach, seine Art des Pulps zu bizarrer, gesellschaftskritischer Literatur zu erheben. Obwohl es stellenweise auf schlimme Weise witzig ist, spricht er wie üblich sehr ernste Themen an. Es geht um Homophobie genauso wie um die Schattierungen, die den Menschen ausmachen:

„Man brauchte nur zwei Lohntüten zu verpassen und eine größere Panne zu haben, und schon gehörte man nicht mehr zur unteren Mittelschicht, sondern wohnte in einer Pappschachtel unter der Brücke, aß aus Müllcontainern und schob einen Einkaufswagen vor sich her.“ (S. 161)

Lange Rede, kurzer Sinn: „Schlechtes Chili“ ist erneut ein grenzgeniales Abenteuer, dass Joe R. Lansdale sein Gespann erleben lässt. Es ist blutig, es ist böse, es ist dermaßen derb, dass man getrost das Rouge zur Seite legen kann, und dennoch ist es ein gesellschaftskritisches Werk, das abseits vom Mainstream angesiedelt ist. 

Wer Hap und Leonard schon ins Herz geschlossen hat, wird mit „Schlechtes Chili“ großartigen Spaß haben, auch wenn es bestimmt nicht für jeden Leser die ideale Lektüre ist.

Hap & Leonard:
01) Wilder Winter 
02) Mucho Mojo 
03) Bärenblues 
04) Schlechtes Chili
05) Rumble Tumble 
06) Machos und Macheten
07) Das Dixie-Desaster
08) Rote Rache
09) Krasse Killer
10) Bissige Biester
11) Coco Butternut