Rezension

viel mehr als eine 0815-Liebesgeschichte

Leaving Paradise - Simone Elkeles

Leaving Paradise
von Simone Elkeles

Bewertet mit 4.5 Sternen

Schon der erste Abschnitt zieht einen total in die Geschichte. Simone Elkeles wirft sofort Fragen auf und weckt das Interesse.
Caleb wird aus dem Gefängnis entlassen und macht sich auf den Weg nach Hause, nach Paradise ..... aber ob dieser Ort wirklich noch sein Zuhause ist und ob es für einen ehemaligen Häftling tatsächlich das Paradies ist, ist eher zweifelhaft.

Auch in diesem Buch von Simone Elkeles werden die Kapitel abwechselnd aus den ich-Perspektiven der beiden Protagonisten geschildert, was ich als sehr gelungen empfinde. Zwei recht unterschiedliche Charaktere, zwei schwere Schicksale, die miteinander verknüpft sind und so ist es sehr interessant, beide Seiten kennen und verstehen zu lernen.

Caleb scheint der typische harte Kerl zu sein, den Simone Elkeles gerne in ihren Büchern verwendet. Nach einer Party, fährt er Maggie betrunken an, lässt sie verletzt liegen und bekommt die Quittung: Er wird verurteilt und kommt in die Jugendstrafvollzug.
Maggies Leben hat sich nach diesem Unfall drastisch verändert. Sie badet regelrecht in Selbstmitleid und hat sich völlig zurück gezogen. Statt erfolgreich Tennis zu spielen, muss sie nun regelmässig zur Physiotherapie, ansonsten verlässt sie das Haus nur noch um zur Schule zu gehen. Caleb hat ihr Leben zerstört und sie hasst ihn deswegen.
Als sich die beiden wieder begegnen prallen viele Gefühle aufeinander.

Wenn man in "Leaving Paradise" eine 0815-Liebesgeschichte erwartet, wird man überrascht. Das Buch ist so viel mehr ....
Die Autorin schlägt hier auch ernste Töne an, die Emotionen überschlagen sich und gehen unter die Haut. Und vor allem weiss die Geschichte zu überraschen und ich erlebte eine 'bösen' Aha-Szene, die alles zuvor gewesene in ein anderes Licht rückt.
Ein Highlight war für mich auch Mrs.Reynolds. Die taffe, alte Dame ist mir sehr schnell ans Herz gewachsen und bringt viel Charme in die Geschichte.

Viel Kritik kann ich hier nicht anbringen. Zu Beginn suhlte sich Maggie meiner Meinung nach etwas zu sehr in Selbstmitleid. Ganz klar, hat sich ihr Leben verändert und ja, nicht zum Besseren. Doch dass sie dafür eigentlich alles aufgibt und sich auch nach einem Jahr so zurückgezogen hat, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Ich verstehen auch nicht ganz, warum sie wegen ihrem Hinken komisch angeschaut wird. Immerhin wissen doch alle, warum das so ist.

Der Schreibstil von Simone Elkeles ist sehr locker, jugendlich und erfrischend, so dass die Geschichte solch einen Sog entwickelte, dass ich das Buch kaum mehr aus den Händen legen konnte.
Die Autorin vermag den beiden Perspektiven ihren eigenen Stempel aufzudrücken, so dass man merkt, wen man gerade begleitet. Calebs Kapitel sind eher etwas abgehackt, provokativ und mit derben Ausdrücken versetzt, Maggies Abschnitte hingegen ruhiger, überlegter, von Zweifel durchwoben.

Fazit:
"Leaving Paradise" ist viel mehr als 'nur' eine Liebesgeschichte. Simone Elkeles hat einige Problematiken angeschnitten und fesselt mit einer ernsten, tiefgründigen Story, die zu überraschen vermag. Mehr davon!