Rezension

Vielschichtige Charaktere, viel Action, faszinierende Welt und eine starke, tiefgründige Protagonistin!

Die Feenjägerin - Elizabeth May

Die Feenjägerin
von Elizabeth May

Bewertet mit 5 Sternen

Das Buch gehört zu dem Genre Steampunk. Der Weltenaufbau konnte mich absolut überzeugen, mir gefiel diese Mischung aus der strengen Etikette des 19. Jahrhunderts mit den Bällen sowie all den gesellschaftlichen Zwängen und der Mechanik einschließlich Aileanas Schusswaffen. Ich ließ mich von dem fesselnden Schreibstil in diese fremde, faszinierende Welt entführen.

Aileana ist eine absolute Kick-Ass-Heldin. Eine Alternative, mit der Geschichte zu beginnen, wäre vermutlich die Ermordung ihrer Mutter gewesen, doch das ist hier bereits ein Jahr her und somit haben wir es nicht mehr mit einem unsicheren Mädchen sondern mit einer geübten Jägerin zu tun, die ziemlich gut kämpfen kann und nicht bereit ist, Schwäche zu zeigen. Auch gefiel mir ihre Eigenständigkeit und die Tatsache, dass sie dennoch nicht alles kann, da sie zum Beispiel die Feen nur mit Hilfe sieht.
Dabei ist Aileana eine sehr tiefgründige Protagonistin, die die Geschichte im Übrigen aus der Ich-Perspektive im Präsens teilweise leicht ironisch erzählt.

Sie hasst die Vorschriften und Pflichten, die sie als Lady hat und wünscht sich sehnlichst, der Etikette zu entkommen und endlich ihr Leben selbst bestimmen zu können. Dennoch bemüht sie sich wirklich, die Ehre ihrer Familie nicht allzu sehr zu beschmutzen. Dieses Verantwortungsbewusstsein war ein weiterer Aspekt, den ich an ihr mochte.
Nachts jagt sie Feen, angetrieben von ihrem brennenden Wunsch nach Rache. Mir gefiel, dass das hier nicht wie in so vielen anderen YA-Büchern ablief, in denen die Protagonistinnen nur töten, weil sie müssen und anschließend vor schlechtem Gewissen zerfließen. Aileana dagegen verfügt über eine richtige Mordlust, sie liebt den Moment des Tötens und wird manchmal nahezu von dem Drang danach verzehrt. Diese dunkle Seite an ihr verleiht ihr Ecken und Kanten, sodass sie alles andere als perfekt wirkt und gleichzeitig aus der Masse der braven Protagonistinnen heraussticht.

Das Buch hat somit auch ein hohes Gewaltpotenzial, zumal die Feen grausam sind und nach der Energie der Menschen lechzen (die dafür ihr Leben lassen müssen). Das bedingt natürlich eine Menge Action, es gibt eine Menge Kämpfe von Aileana und dazu eine hohe Spannung.
Dennoch gibt es keine einseitige Gut-Böse-Einteilung: Zwei Feen werden von Aileana weitgehend akzeptiert, auch wenn sie ihnen nicht vertraut, dabei stellt auch Aileana selbst fest, dass nicht alle Feen von Grund auf böse sind. Im Verlauf der Handlung wird der Hintergrund der Feen weiter ausgestaltet und es bieten sich einige Enthüllungen. Ich mochte diese schottische Atmosphäre und die Verknüpfung mit den Legenden über Feen.

Generell sind die Charaktere sehr vielschichtig, sogar Nebencharaktere zeigen diesbezüglich viel Potenzial.
Kiaran, eine ebenso mächtige wie undurchschaubare Fee, trainiert Aileana jeden Abend und zeigt doch wiederholt, dass er ihr weit überlegen ist. Ailena kennt weder seine Absichten noch seine Geschichte oder warum er Seinesgleichen jagt, doch er ist ein unheimlich faszinierender Charakter, auch wenn man natürlich als Leser schon gewisse Ideen hat.
Zwischendrin deutet sich ein kleines Liebesdreieck an, das vielleicht gut beschrieben war, mich aber dennoch innerlich aufstöhnen ließ und das ein Makel an der sonst so gelungenen Idee darstellt. Glücklicherweise entwickelte es sich nicht zu einem richtigen Liebesdreieck und ich hoffe, das gilt auch für die Folgebände. Prinzipiell steht die Liebesgeschichte aber eher im Hintergrund.

Die Dialoge sind in der Regel sehr unterhaltsam, vor allem die mit Derrick, einer kleinen Fee, die andere, die Aileana am Leben lässt. Der hat so ein bisschen Xemerius-Charakter, da er bei seiner Anwesenheit überall seinen Senf zugibt, allen auf die Nerven geht, Aileana trotz seines Wesens manchmal hilft und Kiaran zudem nicht ausstehen kann.
Ähnlich unterhaltsam waren auch die Kämpfe und Dialoge zwischen Aileana und Kiaran, dem sie hartnäckig Paroli bietet und dem sie liebend gern reizt - trotz seiner Überlegenheit und der dunklen Gefahr, die von ihm ausgeht.