Rezension

Vom Imkern im Reihenhausgarten und einem veränderten Blick auf die Welt

Das Herz einer Honigbiene hat fünf Öffnungen - Helen Jukes

Das Herz einer Honigbiene hat fünf Öffnungen
von Helen Jukes

Bewertet mit 4.5 Sternen

Helen Jukes ist geschafft vom Arbeiten und Leben in der Stadt, als sie an einem Novembertag beschließt, in ihrem heruntergekommen Reihenhausgarten in Oxford Bienen zu halten. Mit dem Gedanken gespielt haben muss sie schon länger; denn Bücher über Bienen und die Imkerei stapeln sich bei ihr. Darunter Werke zur Geschichte des Bienenstocks, über Imkern zu Zeiten von Aristoteles und die Tagebücher (1792) des blinden Francois Huber, der bei seiner Erforschung der Befruchtung von Bienenköniginnen völlig zu vergessen schien, dass er nicht sieht. Recherche liegt Helen. Sie sinnt über die Nahrungsmittelindustrie nach, die Verinselung der Bienen in Großstädten - und gemeinsam mit ihrer Mitbewohnerin Ellie über die Wortfelder to keep, to hive, to swarm.

Helens guter Freund Luke schult Firmen in „Urban Beekeeping“ und wird ihr zum stets gelassenen Ratgeber in Bienenfragen. Als Helens Freunde ihr gemeinsam ein Bienenvolk versprechen, muss sie aktiv werden und sich um einen Bienenkasten kümmern. Die Bauweise des Kastens bestimmt das Verhalten der Bienen, so viel weiß Helen. Nur welchen soll sie wählen? Imkerei erforderte schon immer enge Beziehungen zwischen Imker-Nachwuchs und einem erfahrenen Mentor. In Helens Fall hilft Oxfords Regionalgruppe der Imker. Ein Mitglied hat mithilfe eines YouTube-Videos den ersten Kasten gezimmert, andere kennen sich mit Krankheiten aus oder der Arbeit im Jahresverlauf. Schließlich ist es soweit, der Winter ist vorbei und es wird Zeit, Helens Bienenvolk abzuholen. Ein Ereignis, so aufregend wie der Einzug eines neuen Mitbewohners.

Helen wartet zunächst aufgeregt, dass ihr Bienenvolk im Kasten baut und ausfliegt. Dabei muss sie unter Lukes Einfluss lernen, einfach neben dem Stock zu sitzen und zu beobachten. Ihr Bienen-Projekt hat sie und ihren Blick auf ihre Umwelt längst verändert und ihr zahlreiche Begegnungen mit interessanten Menschen gebracht. Ökologische Fragen beschäftigen sie, z. B. welche Nahrung Bienen in einer Großstadt finden und wie Bürger gegen die Verinselung in ihrer Stadt vorgehen können. Hätten Sie z. B. gewusst, ob es in ihrer Stadt einen Schwarmfänger gibt?

In warmem, strahlendem Gelb mit gelbem Lesebändchen und Vorsatzpapier im Wabendesign legt Dumont hier ein optisch herausragendes Buch vor.

Helen Jukes erzählt über einen Jahreslauf von November bis Oktober, in dem sie in einem winzigen Reihenhausgarten Raum für ein Bienenvolk schuf. Mich hat ihr biografischer Text auf der Beziehungsebene interessiert. Wissen wollte ich, wie jemand sich in ein komplexes Thema einarbeitet, der kein in der Kindheit erworbenes Fachwissen abrufen kann, das unbewusst schlummert. In erzählenden Sachbüchern zu naturwissenschaftlichen Themen ist der Weg das Ziel und Sachinformationen sind nicht mit einem Blick zu scannen. Nicht alle Leser spricht diese Form an. Die Werbung behauptet, dass Helen MacDonald Jukes Selbstfindung als Imkerin mag. Wer MacDonalds Habicht mag, macht hier nichts falsch und ebenso wenig Liebhaber von Leben auf dem Land.