Rezension

Von einem faszinierenden Fund zu einer globalen Ikone

Die Königin -

Die Königin
von Sebastian Conrad

Bewertet mit 4.5 Sternen

Schon als die Büste der Nofretete 1912 ausgegraben wurde, war allen klar, dass sie hier etwas Besonderes vor sich hatten. Von den ägyptischen Arbeitern, die sie besangen über den Archäologen Ludwig Borchardt, der alles daran setzte sie mitnehmen zu können bis hin zum Berliner Museum, das sie lange geheim hielt, um sie nicht doch noch wieder hergeben zu müssen. Als sie Jahre später doch ausgestellt wurde veränderte sie die Welt. Künstler, Politiker, Prominente und Medien suchten und fanden in der Büste mehr als nur ein Stück Geschichte – sie spiegelte eine zeitlose Schönheit, eine veränderte Weltanschauung einer stolzen, selbstbewussten Frau und beeinflusste Gesellschaft von der Kunstauffassung über die Medienrezeption bis zum Frauenbild nachhaltig – und bis heute.

Dieses Buch spannt einen großen Bogen von der Archäologie zur aktuellen Gesellschaft. Man erfährt wie die Büste gefunden wurde, von den Ausgrabungen und wie sie Anfang des 20. Jahrhunderts durchgeführt wurden. Wer weiß heute, dass der eigentliche Held der Geschichte, ein ägyptischer Arbeiter war, dessen Name sogar bekannt ist und nicht Ludwig Borchardt selbst, der sich medienwirksam photographisch inszenierte. Es wird auch darauf eingegangen wie fragwürdig die damaligen Abkommen der Kolonialmächte mit den unterworfenen Ländern gewesen sind – und schon damals bewegte man sich stets am Rande der Legalität, wenn es darum ging spektakuläre Funde außer Landes zu schaffen. Ein dunkles Kapitel europäischer Kolonialgeschichte, das uns bis heute begleitet, wie hier am Beispiel der Nofretete gezeigt wird. Hauptfokus ist allerdings die Medienwirkung der Büste, die ebenfalls bis heute ungebrochen ist. Was sehen die Menschen seit knapp 100 Jahren in dem klassisch schönen Gesicht?

Sebastian Conrad schafft es eindrucksvoll sowohl die geschichtliche Bedeutung als auch die medienpopulistische Wirkung der Nofretete Büste darzustellen und schlägt so einen Bogen von Greta Garbo bis Beyoncé. Er zeigt wie und warum Nofretete von jeder Nation vereinnahmt wurde, von Europa über Asien bis Afrika. Es ist beeindruckend wie er die umfassende Geschichte eines Fundes darstellt, der in mehr als einer Hinsicht die Welt bezauberte und bis heute fasziniert. Dabei unterschlägt er weder die Schattenseiten noch ergreift er Partei.

Sehr gut geschrieben und mit vielen Bildern ausgestattet informiert und unterhält dieses Buch gleichermaßen.