Rezension

Vorsatz oder Notwehr?

Kalte Wut - Volker Mauersberger

Kalte Wut
von Volker Mauersberger

Bewertet mit 4 Sternen

Im September 1949 wird im Keller eines Trümmerhauses in Wuppertal-Barmen der Torso einer männlichen Leiche entdeckt, Kopf, Arme und Beine waren abgetrennt und fehlten. Eine fieberhafte Suche nach den restlichen Leichenteilen beginnt, und bald kann die Polizei einen ersten Erfolg vermelden. Bei Inspektor Faust meldet sich eine Frau Ellen Rinsche aus Gevelsberg, die ihren Mann als vermisst meldet. Seine Nachforschungen bei Nachbarn ergeben, dass der Mann schon einige Tage nicht mehr gesehen wurde und die Ehe der beiden sehr zerrüttet gewesen sein soll. Josef Rinsche wäre ein Tyrann, seine Frau wäre oft mit Platzwunden und blauen Flecken übersät gewesen. Bei einem Besuch in der Wohnung der Rinsches findet die Polizei Blutspuren und Ellen Rinsche, die immer elegant gekleidete Frau aus gutbürgerlichem Hause und Mutter eines kleinen Jungen, gesteht die unfassbare Tat, ihren Mann erschlagen, zerstückelt und beiseite geschafft zu haben – aus Notwehr, wie sie behauptet …  

Der Autor Volker Mauersberger ist Journalist und begann seine Karriere in den 50ern bei der Lokalzeitung Gevelsberg. Danach war er zwölf Jahre als ARD-Korrespondent in Madrid und später als Studioleiter tätig, bevor er Hörfunk- und Zeitungskorrespondent in Bonn und Berlin wurde. Er ist seit 2004 pensioniert und schrieb seither zahlreiche Sachbücher. „Kalte Wut – der Fall Ellen Rinsche“ ist sein erster Kriminalroman, der 2009 erschien und 2014 als Taschenbuch neu aufgelegt wurde.

Anhand der originalen Polizei- und Prozessakten sowie damaligen Zeitungsartikeln rekonstruiert der Autor einen der spektakulärsten Mordfälle der deutschen Nachkriegsgeschichte. Mit nüchternen Worten und klarem Blick schildert Mauersberger das tragische Schicksal einer Frau, die sich in ihrer Verzweiflung nicht mehr anders zu helfen wusste. Es ist ein Sitten- und Familienbild einer Zeit, in der die Frauen rechtlos waren, abhängig von ihren Männern, und häusliche Gewalt noch keine gesetzliche Straftat war. Nur so war es möglich, dass Josef Rinsche seiner Frau das Leben jahrelang zur Hölle machen und sie in seinen maßlosen Wutanfällen bis zur Bewusstlosigkeit verprügeln konnte. Lange ertrug sie es klaglos, schämte sich vor den Nachbarn und versuchte vor dem Kind ihre Verletzungen zu verbergen – bis sie dann eines Tages nicht mehr konnte.

Mit diesem Buch rollt der Autor den Fall nochmals auf, analysiert, wägt ab und schildert neutral von der schicksalhaften Verbindung dieser beiden Menschen, deren Ehe anfangs recht glücklich zu sein schien. Doch der Krieg und die Nachkriegszeit hinterließen bei Josef Rinsche ihre Spuren, er wurde zum brutalen Tyrannen und gewalttätigen Sadisten. 1949 dann bricht die mühsam aufrecht erhaltene Fassade zusammen. Ellen Rinsche wehrt sich, schlägt zurück, schlägt und schlägt, bis Josef tot ist. Was dann geschieht übersteigt die Vorstellungskraft und erfordert vom Leser starke Nerven.

Fazit: Nicht nur ein nach einem wahren Mordfall nacherzählter Krimi, sondern auch Sitten- und Familienbild der Kriegs- und Nachkriegsjahre. Meine Empfehlung für Leser mit starken Nerven.

Kommentare

gst kommentierte am 07. Februar 2020 um 09:39

Ich glaube, hierfür fehlen mir die Nerven. Früher hätte ich das Buch vielleicht verschlungen, aber heute wage ich mich nicht mehr dran. Danke für die Warnung!