Rezension

Wacholderschnaps und heiße Schokolade

Wacholderglück - Bella Osborne

Wacholderglück
von Bella Osborne

Wacholderschnaps und heiße Schokolade

Die Weltenbummlerin Daisy Wickens kommt anlässlich des Todes ihres Großonkels Reginald „Reg“ nur ungern in das kleine Städtchen Ottercombe Bay in Devon zurück. Zu viele schlimme Erinnerungen sind mit diesem Ort verbunden, an dem Daisys Mutter in sehr jungen Jahren unter ungeklärten Umständen starb. Die Testamentseröffnung versetzt der jungen Frau jedoch einen Schock: um das großzügige Erbe ihres Verwandten antreten zu können, muss Daisy sich dazu verpflichten, ein Jahr lang in Ottercombe Bay zu wohnen. Für die rastlose Seele, die bislang ein Nomadenleben ohne Besitztümer und ohne Bindungen führte, ist es schlichtweg unvorstellbar, sich auf diese Bedingung einzulassen. Eine Verletzung ihrer Tante und die Überredungskünste einer Freundin aus Kindheitstagen bringen Daisy jedoch zum Umdenken. Schließlich investiert sie ihre gesamte Energie in die Renovierung ihres Erbes. Daisy möchte das ehemalige Bahnhofsgebäude in eine Bar umwandeln, diese nach Ablauf des festgelegten Jahres gewinnbringend verkaufen, und sich mit ihrem Motorrad wieder auf Wanderschaft begeben. Doch sie hat weder mit den Hindernissen, die ihr in den Weg gelegt werden, noch mit der Tatsache gerechnet, dass Ottercombe Bay und ihre Bewohner sich langsam, aber sicher, einen Weg in ihr Herz bahnen.

Im Gegensatz zu Bella Osbornes Erstlingswerk „Neues Glück in Willow Cottage“, welches ich als großes Lesehighlight empfand, war ich von der vorliegenden Neuerscheinung enttäuscht. Der einnehmende Schreibstil der Autorin wurde mir durch viele Kleinigkeiten verleidet. Derbe Ausdrücke und die für meinen Geschmack viel zu zahlreiche Verwendung des Fluches „Kack-eri-ki“, aber auch die permanenten Konfrontationen mit dem verwöhnten und rüpelhaften Mops Bugsy Malone, den Daisy als kleines vierbeiniges Monstrum betrachtet, waren für meinen Geschmack ausufernd. Ich hätte mir gerne auch das stete „Furzen“ oder „Pupsen“ bei jedem Auftritt dieses Tieres erspart, das irgendwann nur noch abstoßend auf mich wirkte. Leider konnte ich mich auch nicht für die beiden Protagonisten erwärmen, die mir bis zur letzten Seite unsympathisch blieben.

Ich hatte den Eindruck, dass die Autorin versuchte, zu viel in diese Geschichte einzubringen. Onkel Reginalds Versuch, seine Großnichte durch seinen letzten Willen dazu zu bringen, Wurzeln zu schlagen, ist Kernthema des Buches. Daisy nennt seine Aktion zwar „Erpressung aus dem Jenseits“, geht aber zähneknirschend auf die testamentarisch festgelegten Bedingungen ein. Das Wiedersehen mit Daisys alten Freunden Jason Fenton, Max Davey und Tamsyn Turvey sorgt ebenfalls für einige Turbulenzen im Buch. Die Charaktere empfand ich an mancher Stelle als überzogen und widersprüchlich, ich konnte deren Denken und Handeln oft nicht nachvollziehen. Daisy wird als selbstständige und taffe Frau präsentiert, die jahrelang auf ihrem Motorrad und einem Bündel Habseligkeiten durch die Welt zog. Auf mich wirkten ihre Handlungen im vorliegenden Buch jedoch unreif, wankelmütig und unentschlossen. Auch das immerwährende Auf und Ab zwischen Daisy und ihrem alten Jugendfreund war ermüdend und irgendwann nur noch langweilig. Die Autorin entschloss sich zudem, ihre Protagonistin mit der Aufarbeitung der Vergangenheit zu beschäftigen. Und so macht Daisy sich auf die Suche nach der wahren Todesursache ihrer Mutter Sandy. Der ehemalige Unruhestifter des Ortes, dessen krimineller Vater, der örtliche Polizeibeamte und ein zwielichtiger Franzose sorgen darüber hinaus für einige Aufregungen und amouröse Verwicklungen. Daisys Tante Coral hatte anfangs gute Aussichten, meine favorisierte Nebenfigur zu werden. Leider entwickelten sich die ältere Dame und ihre Beziehung zu Daisy nicht weiter. Tante Coral blieb blass und abgesehen von einer überraschenden Entwicklung am Ende des Buches eher am Rande des Geschehens. Die nebenan wohnende Tamsyn Turvey wird als entzückende, ein wenig verrückte und einzigartige Jugendfreundin Daisys vorgestellt. Ich empfand sie jedoch als naiv und zudem als etwas dümmlich und unterbelichtet dargestellt. Auch hier bedauerte ich das Potenzial, das verschenkt wurde.

Aus meiner Sicht kann Bella Osborne mit ihrer Neuerscheinung „Wacholderglück“ nicht an den grandiosen Vorgänger anknüpfen. Sie enttäuschte mich vielmehr durch eine auf mich etwas unausgegoren wirkende, wenig unterhaltsame Geschichte mit blassen und unglaubwürdigen Charakteren. Ich war mehrfach versucht, das Buch abzubrechen und kann es im Gegensatz zum ersten Roman dieser Autorin nicht weiterempfehlen. Schade.