Was für ein fantasievolles Inselleben mit einem Bären.
Bewertet mit 3 Sternen
Das Cover wirkt unwirklich, etwas verwirrend mit dem blauen, von links eingeschobenen Detail in der Natur von Kaskadien, die Gebiete des kanadischen British Columbia und der US-Bundesstaaten Washington und Oregon. umfassend. Inhaltlich erinnert dieser Roman sehr an das Märchen Schneeweißchen und Rosenrot der Gebrüder Grimm. Auch hier sind die Hauptfiguren Elena und Sam (Samantha) als Schwestern einander sehr verbunden trotz ihrer unterschiedlichen Charaktereigenschaften. Während Elena voller Tatendrang und Energie alles managt, – die kranke Mutter, alles Bürokratische, ihren Job - verhält sich Sam eher ruhig, introvertiert, nachdenklich, sogar abweisend. Beide gehen mit den Gefahren rund um den Grizzly-Bären verschieden um, besonders Elena will „helfen“ durch ihre Fütterungsaktionen. Leider ist der Bär hier nicht wie im Märchen der Beschützer der Schwestern, sondern er sorgt für Konflikte und Herausforderungen, die die Schwestern auseinander treibt. Er stellt das zentrale Ereignis und den Wendepunkt der Handlung dar, repräsentiert das Böse, letztendlich alles ohne Happy End. Im Grimms Märchen symbolisiert der Bär Schutz, Stärke und Loyalität. Am Ende dieser Geschichte wird ihm sogar seine wahre Gestalt als Prinz zurückgegeben. Sam träumt sich für Elena in dieses märchenhafte Wunschdenken mit dem Bären als Paar hinein, um ihre Schuldgefühle zu dämpfen. Sie selbst steht für eine unglücklich verlaufene Treue bei grober schwesterlicher Abweisung, bei überzeugender Schwesternliebe ihrerseits, für ein glücklicheres, gemeinsames Leben. In Erwartung eines glücklichen Endes - wie im Märchen - steigt die Spannung auch hier durch einige Twists und Turns. Steht Elena hier als Metapher für Selbstlosigkeit, Mut und Hilfsbereitschaft, die nicht verstanden und ebenso wenig belohnt wird? Welche Rolle spielen in dieser Gesellschaft unterbezahlte Frauen und Mädchen zwischen all den habgierigen und undankbaren Touristen auf der Fähre? Zusammen mit der kranken Mutter geben diese Frauen kritisierende Hinweise auf die dortigen sozialen Strukturen dieser Gesellschaft wider. Ist die Moral im Roman Cascadia für Elena und Sam solcher Art, dass Mitgefühl und Hilfsbereitschaft NICHT belohnt werden (ohne die Erwartung einer Gegenleistung)? Diese guten Eigenschaften führen schließlich nicht zu ihrem Glück. Nein, dies ist kein modernes Märchen, eher fantasievolle Realität in moderatem Erzähltempo.