Rezension

the bear minimum

Cascadia -

Cascadia
von Julia Phillips

Bewertet mit 2 Sternen

Sam und Elena leben mit ihrer schwer kranken Mutter auf den San Juan Islands an der Grenze zu Kanada. Das Geld ist knapp und der Wegfall von Sams Job während der Pandemie hat die Situation nicht gerade leichter gemacht. Sam will am liebsten weit weg, doch ihre Mutter liebt die Insel und möchte an dem Ort sterben, an dem sie schon ihre Kinder geboren hat. Als dann ein Bär auftaucht und eine Schwester in Entzücken und die andere in Panik versetzt brechen Konflikte auf, die vorher im Verborgenen lagen.

Gleich vorweg: Ich bin ziemlich enttäuscht von diesem Buch. In ihrem ersten Roman „Das Verschwinden der Erde“ hat Julia Phillips gekonnt Einblicke in verschiedenste Lebenswelten auf Kamtschatka mit einer spannenden Krimihandlung vermischt. Ich habe Neues gelernt und wurde gut unterhalten. Bei „Cascadia“ war weder das eine noch das andere der Fall. Stattdessen zieht es sich, es passiert nicht viel, es ist stellenweise vorhersehbar. Auch die Beschreibungen der Insel und der Natur blieb hinter meinen Erwartungen zurück

Inhaltlich geht es um zwei Schwestern, die auf den ersten Blick unzertrennlich scheinen, aber offenbar nie über wirklich wichtige Dinge miteinander reden. Es wird der geringe Altersunterschied der beiden betont, aber in der Realität könnte Sam auch 10 Jahre jünger sein als ihre Schwester Elena. Letztere organisiert und plant alles, hat den Überblick und versucht das Beste aus ihrem Leben zu machen. Vernünftig mit ihrer Schwester zu kommunizieren gehört allerdings nicht dazu. Sam hingegen hängt sich an Versprechen aus Teenagerzeiten auf und misstraut nebenher der ganzen Welt. Ich hätte gedacht, dass ihr sperriger Charakter im Laufe der Geschichte noch eine Entwicklung durchmacht, aber nein. Auch gegen Ende sind alle doof, alle wollen ihr Böses und allen geht es besser als ihr.

Mit ihrer ignoranten und selbstmitleidigen Art hat Sam mich verrückt gemacht. Ja, die Geschichte der Familie ist traurig. Aber mit jemanden Mitleid zu haben, der hinter jedem netten Wort Verrat wittert, fällt mir recht schwer. Elena wirkt auf den ersten Blick zugänglicher, aber ihre plötzliche Wildtierobsession entbehrt jeder Logik.

Trotz der märchenhaften Anklänge und dem (ungenutzten) Entwicklungspotential der Hauptfigur bin ich am Ende ziemlich enttäuscht. Für mich hatte die Lektüre kaum Mehrwert und sorgte mehr für Kopfschütteln als für Begeisterung. Wirklich schade!