Rezension

Wenn Kakerlaken regieren

Die Kakerlake - Ian McEwan

Die Kakerlake
von Ian McEwan

Bewertet mit 4 Sternen

Hier rechnet ein mit dem politischen Geschehen in Großbritannien unzufriedener Autor ab und dieses Abrechnen hat mir gefallen. Sehr sogar! Ich habe mich gut unterhalten gefühlt, teilweise hat dieses Buch eine gewisse Nuance Humor, aber es ist ein sehr eigener Humor, denn das Lachen bleibt schnell im Halse stecken. Denn eigentlich zeigt dieses Büchlein sehr viel Reales im schriftstellerischen Gewand. Alles ist etwas auf die Spitze getrieben, aber gerade durch dieses Überzeichnete/diese Satire kommt auch ein gewisser Widersinn des Geschehens zu tage. In meinen Augen kann man das Procedere des Romans auch auf andere Gebiete außerhalb von England anwenden, Das direkte Geschehen des Buches ist natürlich auf England gemünzt, aber das Verhalten der Politik im Buch ist mit vielerlei realem Geschehen vergleichbar. Und wenn McEwans weitere Werke viel dichter sind, bin ich schon sehr auf diese gespannt. Wieder einmal bin ich neugierig gemacht worden!

 

Dabei ist dieses Abrechnen mit dem momentanen Geschehen in seiner Heimat in eine Geschichte gekleidet, die an kafkaeskes Geschehen erinnert, aber dies nur ganz leicht, denn das Geschehen des Romans verläuft gänzlich anders und mit einer anderen Priorität. Die "Seele" einer Kakerlake schlüpft in einen menschlichen Körper, und zwar nicht in irgendeinen menschlichen Körper, nein, es ist der Körper des Premierministers von Großbritannien, Jim Sams. Und dieser "neue" Jim Sams versucht in seinem Lande die politischen Weichen auf den Reversalismus einzustellen, einem System, in dem derjenige Geld bezahlen muss, der arbeitet und derjenige Geld bekommt, der einkauft, um dann noch mehr zu arbeiten, weil man das Geld wieder loswerden möchte, denn wer in diesem System Geld hat, der wird vom Staat bestraft. Bei seinem Tun bemerkt der Premierminister schnell, dass die meisten anderen Mitwirkenden in der englischen Politik, ebenso wie auch er, ihre seelischen Wurzeln in der Kakerlaken-Welt haben. Die meisten wohlgemerkt, nicht alle, es gibt auch Gegenspieler, wie z. B. den Außenminister. Funktionieren kann dieses System natürlich nur, wenn andere Staaten mitmachen, Verbündete werden also gesucht und beim amerikanischen Präsidenten Tupper gefunden und ebenso wird eine eventuelle Verwandtschaft zwischen Sams und Tupper vermutet. Politische Gegner werden über böse intrigante Machenschaften unter der Hilfe bestimmter Medien ausgeschalten. Was für ein herrliches Spie!?!? Ein Spiel, welches wir kennen?!?!

 

Die Handlung erinnert sehr an reales Geschehen und verdeutlicht die Meinung des Autors. Nun mag dieses Buch Einigen nicht gefallen, weil Politiker mit Kakerlaken verglichen werden und/oder weil dieser Roman literarisch nicht so ausgefeilt daherkommt. Maybe. Gefallen hat mir dieses Geschehen aber allemal. Denn seicht empfand ich das Geschriebene durchaus nicht, man muss sich schon etwas im politischen Geschehen Englands und der Welt auskennen, um den ganzen Roman begreifen zu können. Und den Vergleich der Politiker mit Kakerlaken, nun gut, schön ist das nicht. Aber was soll man dazu sagen, wenn politisches Geschehen ein Szenario bewirkt, welches das Volk des betreffenden Landes schädigen wird? ...