Rezension

Wenn Liebe blind macht

Denn morgen sind wir tot - Andreas Götz

Denn morgen sind wir tot
von Andreas Götz

Bewertet mit 4 Sternen

Endlich hat Siri ihren Traumtypen, Adrian, gefunden. Dass ihr Ex, Niklas, den neuen Freund für gefährlich hält, ist ihr dabei herzlich egal. Zunächst ignoriert sie alles und konzentriert sich voll und ganz auf Adrian, aber als ihr Niklas mit der Zeit immer lästiger wird, wollen Adrian und sie diesen einfach nur noch loswerden, weshalb sie zu drastischen Mitteln greifen...

Ich war sehr gespannt, wie die bereits angedeutete emotionale Abhängigkeit Siris dargestellt wird. Mir war schon zu Beginn klar, dass es hier nicht so viel Spannung geben würde, sondern dass es sich eher um die charakterlichen Züge der Figuren und Veränderungen bzw. Entwicklungen ginge.

Ins Geschehen kommt man sehr schnell rein. Die Protagonistin spricht hin und wieder auch zum Leser, wodurch man sich gleich noch eher integriert fühlt. Da man nur Siris Schilderungen zu lesen bekommt, da sie ihre Vergangenheit mit diesem Buch aufarbeitet, bekommt man auch eine sehr subjektive Sicht. Im Gegensatz zu ihr merkt man aber, dass ihre Wahrnehmungen leider sehr häufig nicht der Realität entsprechen, was zur einer Distanzierung fühlt. Wirklich verbunden fühlte ich mich nie mit ihr, sondern war eher genervt von ihr. Diese Darstellung ist aber auch gewollt, um dem Leser indirekt vor Augen zu führen, wie falsch das Verhalten ist. Dennoch darf man hier nicht denken, dass man nur den moralisch erhobenen Zeigefinger vorfindet, denn dies ist nicht der Fall. Gerade das hat mir an dem Buch sehr gut gefallen: der Autor vermittelt gewisse Weisheiten auf indirektem Wege. Man liest diese Geschichte nicht einfach nur, sondern denkt auch darüber nach. Siris Handlungen werden automatisch hinterfragt und man beginnt, sich genau mit den Entwicklungen auseinanderzusetzen.

Siri ist zunächst ein typischer Teenager, der noch nie etwas Böses getan hat. Sie möchte eigentlich rebellieren, tut es aber nicht. Doch all das ändert sich, als sie auf Adrian trifft, denn dieser weckt die "böse" Seite in ihr, was Siri erst gar nicht auffällt, weil sie ihm so sehr imponieren will. Sie ist in ihrer Liebe gefangen und kann sich nicht von Adrian trennen. Viel zu schnell bindet sie sich an ihn und macht sich von ihm abhängig, was nicht zuletzt daran liegt, dass sie sich von ihren Eltern aufgrund ihres Alters und ihrer jüngeren Schwester vernachlässigt fühlt.
Gerade diese rasante Entwicklung hat mich schockiert,  weil Siri sich immer mehr mit ihrem Zustand abzufinden scheint. Am Anfang hat sie immer noch Gewissensbisse, aber die verflüchtigen sich leider auch immer schneller.

Die anderen Figuren werden gut dargestellt, aber dennoch bin ich aus Adrian und Niklas nie so wirklich schlau geworden, was nicht zuletzt daran liegt, dass die Schilderung von Siri sehr emotionsgeladen ist. Vor allem in Niklas möchte sie nur das Schlechte sehen, was mich immer ärgerte. Für mich war er definitiv der sympathischste Charakter. Aber Mädchen sind halt auch von der Faszination des Bösen angetan.

Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen. Er ist für Siri und ihr Alter angemessen und auch überzeugend. Man merkte nie, dass es von einem Erwachsenen geschrieben wurde und auch nicht , dass es eben von einem Autor stammt.

Insgesamt steht eben vor allem die Veränderung von Siri im Vordergrund. Wer also nur auf Mord und Totschlag aus ist, ist bei diesem Buchan der falschen Adresse. Wer sich aber dafür interessiert, wie zerstörerisch Liebe sein kann und welche Abgründe es in einem selbst offenbaren kann, der sollte dieses Buch definitiv lesen. "Bonnie und Clyde" einmal anders dargestellt. Mir hat es gefallen!