Rezension

Wie das wahre Leben so spielt *****

Die Töchter der Kornmühle -

Die Töchter der Kornmühle
von Regine Kölpin

Bewertet mit 5 Sternen

„Manchmal spielte das Leben eine seltsame Melodie, die man erst später begriff.“ (kindle, Pos. 4185)

Hilka ist bereits fünfundneunzig und liegt nach einem Herzinfarkt im Krankenhaus. Sie merkt, dass sie nicht mehr viel Zeit hat, ihren beiden Töchtern ein lange gehütetes Geheimnis zu offenbaren. Da sie nach der ärztlichen Behandlung nur Ruhe braucht, wird sie nach Hause, in ihre Kornmühle, entlassen und sammelt hier ihre zwei so unterschiedlichen Kinder Rena und Viktoria um sich. Rena, die sich zeitlebens um die Mühle der Familie gekümmert hat und Viktoria, die sich in der kleinen Gemeinde an der Nordsee nie so richtig heimisch gefühlt hat und schon früh die weite Welt kennen lernen wollte.

Mit unterhaltsamen Szenen von Hilka im Krankenhaus beginnt dieser wunderbare Roman, für den Regine Kölpin perfekt recherchiert und alles gefühlvoll in Worte gefasst hat. Die Handlung spielt im Jahre 2018, schweift aber immer wieder ab in die 1940er-Jahre, sodass die selbst schon über siebzigjährigen Töchter verstehen können, warum ihr Leben so und nicht anders abgelaufen ist. Von schwierigen Zeiten während des Zweiten Weltkriegs ist hier zu erfahren, von Zwangsarbeitern und der immer noch verhältnismäßig guten Zeit in der Mühle, wo man zwar schwer zupacken musste, aber immerhin regelmäßige Mahlzeiten auf den Tisch bekommen hat.

Liebevoll charakterisiert Kölpin ihre Personen, die der Geschichte Leben einhauchen und wahre Schicksale ihr Vorbild nennen können. Voller Einfühlungsvermögen für Taten, die später vielleicht nicht so recht nachvollziehbar sind, schildert sie Szenen, die sich während der grausamen Kriegsjahre zugetragen haben und plädiert für Verständnis bei den Nachkommen. Dem Leser stellt sich bald die Frage, ob der Bruch zwischen Rena und Viktoria gekittet werden kann und was überhaupt dazu geführt hat, dass die Zwei kaum Kontakt zueinander haben. Mit bildreichen Worten weckt die Autorin Emotionen vor dem malerischen Hintergrund der alten Kornmühle und der Nordsee, einige mundartlich eingestreute Redewendungen lassen das Ganze umso authentischer wirken. Perfekt gelungen sind auch die Übergänge von einer Zeitebene zur anderen, oft ist die Vergangenheit eingebettet in Hulkas Erinnerungen und Erzählungen, sodass die Familiengeschichte trotz schwerwiegender Inhalte locker und leicht dahinfließt. Verstehen und Verzeihen rückt Regine Kölpin in den Mittelpunkt ihres bewegenden Romans, der von der ersten bis zur letzten Seite hält, was er verspricht.

Sprachgewandt und historisch detailgetreu, samt interessanten Einzelheiten zum Müllern, präsentiert sich dieses Buch, sodass man sofort Lust bekommt auf Mehr von Regine Kölpin. Von mir gibt es auf alle Fälle eine klare Leseempfehlung!

Titel             Die Töchter der Kornmühle
Autor           Regine Kölpin
ASIN            B09X61S5GN
Sprache      Deutsch
Ausgabe     ebook, ebenso erhältlich als Taschenbuch (400 Seiten)
Erscheinungsdatum 23. Februar 2023
Verlag          Piper