Rezension

Wie Feuer und Wasser

Wir werden wachsen -

Wir werden wachsen
von Andreas van Hooven

Bewertet mit 5 Sternen

„...Plötzlich blickt die Frau auf der Flucht zurück. Ihre Kapuze rutscht herab, die blonden Haare flattern in voller Länge umher...“

 

Es ist die erste Begegnung des Fabrikantensohnes Jasper Bredendick und der linken Aktivistin Maja Claasen. Letztere gehörte zu einem Trupp junger Leute, die Hanne Bredendick, Jaspers Mutter, nach deren Auszeichnung mit dem Bundesverdienstkreuz eine Torte in Gesicht geworfen haben. Sie werfen ihr die Zusammenarbeit mit der Rüstungsindustrie vor.

Der Autor hat einen beeindruckenden gesellschaftskritischen Roman geschrieben. Der Schriftstil ist sehr genau ausgearbeitet. Er kommt schnell auf den Punk, träumt mit einigen Klischees auf und beinhaltet inhaltsreiche Gespräche.

Dabei wird die Geschichte aus der Sicht dreier Personen erzählt. Das sind Hanne, Jasper und Maja.

Maja arbeitet gerade an ihrer Doktorarbeit. Sie ist ehrgeizig.

 

„...Die ganze Welt versucht Stoffwechsel von Bakterien umzubauen, aber wir große Mengen Industrieabgase neutralisieren können. Aber mein Eindruck ist, du willst sie alle überholen. Und das ohne genetischen Eingriff...“

 

Die wissenschaftlichen Teile der Geschichte werden allgemeinverständlich erläutert, setzen aber trotzdem eine gute Allgemeinbildung voraus.

Was Maja in die linke Szene geführt hat, wird an verschiedenen Stellen thematisiert. Dort traut man ihr allerdings nur bedingt. Das liegt auch daran, dass sie deutliche Grenzen setzt. Gewalt ist für sie sofort ausgeschlossen, wo es zur Verletzung von Personen kommen könnte.

Auch Jasper arbeitet wissenschaftlich. Ihm geht es um die Entwicklung energiesparender Gewächshäuser. Doch die finanzielle Situation der Firma ist angeschlagen. Das macht ihm seine Mutter klar.

 

„...Anstatt ein Produkt mit kleinen Vorteilen auf den Markt zu bringen und dann zwei Jahre später die nächste Entwicklung vorzulegen, muss es gleich das Gewächshaus für die Arktis sein. Erfindergeist ist gut. Aber zehn Jahre ergebnislose Forschung halten kein Unternehmen über Wasser...“

 

Jasper und Maja lernen sich kennen und lieben. Sie loten ihre Gemeinsamkeiten aus, führen aber durchaus auch heftige Diskussionen über unterschiedliche Einstellungen.

 

„...Also mich reizt an der Sache vor allem, dass ich etwas entwickle, was vorher noch nicht existiert hat. Das aus einer verrückten Idee irgendwann Realität wird, wie deine Bakterien, die Kohlenstoff in Kunststoff umwandeln...“

 

Der Spannungsbogen wird langsam aufgebaut. Die innere Spannung lebt vor allem von Majas Auseinandersetzung mit der Szene. Sie sieht die zunehmende Radikalisierung und will sie nicht mittragen. Außerdem ist sie intelligent genug, um über Jaspers Sicht der Dinge nachzudenken. Das fällt selbst Hanne auf.

Es sind oft die leisen Töne, die das Geschehen auf den Punkt bringen. Die Geschichte enthält viele Feinheiten und nachdenkenswerte Themen.

Bald schon steht Maja an einem Scheideweg. Wie wird sie sich entscheiden?

Das Buch hat mir sehr gut gefallen.